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Tourette- und Tic-Störungen in Kindheit und Jugend

Verfasst von: Manfred Döpfner und Veit Roessner
Tics sind plötzliche, unwillkürliche, rasche, sich wiederholende, nichtrhythmische motorische Bewegungen, die zwar umschriebene funktionelle Muskelgruppen betreffen, die aber keinem offensichtlichen Zweck dienen. Je nach Muskelgruppen äußern sie sich als Bewegungen (motorische Tics) oder als Lautproduktionen (vokale Tics). In Abhängigkeit vom isolierten bzw. gemeinsamen Auftreten von motorischen und vokalen Tics und von ihrem Chronifizierungsgrad wird zwischen vorübergehenden und persistierenden (chronischen) motorischen oder vokalen Tic-Störungen und dem Tourette-Syndrom (der Tourette-Störung) unterschieden. Etwa 3–4 % aller Kinder und Jugendlichen entwickeln eine chronische Tic-Störung. Die Mehrzahl leidet zudem an komorbiden psychischen Störungen. Die Heterogenität der individuellen Symptomatik legt multifaktorielle Ursachen nahe, in denen neurobiologische, genetische, neuroanatomische und neurophysiologische, neuroimmunologische, neuropsychologische und psychosoziale Faktoren Berücksichtigung finden. In der Mehrzahl der Fälle liegt der Beginn vor dem Alter von 10 Jahren. Es kommt häufig im 2. Lebensjahrzehnt zu einer Zunahme der Tics, während um das 20. Lebensjahr eine deutliche Abnahme bis hin zum Sistieren der Tic-Symptomatik zu beobachten ist. Die multimodale Behandlung der Tic-Symptomatik wird auf der Grundlage einer ausführlichen Psychoedukation des Patienten und seiner Bezugspersonen durchgeführt und kann, je nach Indikation, verhaltenstherapeutische Interventionen (hauptsächlich Reaktionsumkehr oder Gewohnheitsumkehr, habit reversal) und Pharmakotherapie (hauptsächlich Dopamin-Rezeptorantagonisten) umfassen.

Historisches

Andrea G. Ludolph1
Das Gilles-de-la-Tourette-Syndrom, international Tourette’s syndrome (TS) oder Tourette’s disorder (Tourette-Störung) genannt, ist gekennzeichnet durch die Kombination multipler motorischer und mindestens eines vokalen/phonetischen Tics. Tics sind plötzliche, schnelle, sich wiederholende, unrhythmische, stereotype motorische Bewegungen oder Lautäußerungen. Benannt ist dieses komplexe neuropsychiatrische Störungsbild nach George Albert Edouard Brutus Gilles de la Tourette (1857–1904), einem Schüler von Jean-Martin Charcot, Leiter des Hôpital Salpêtrière in Paris und der berühmteste Neurologe im späten 19. Jahrhundert in Frankreich. 28-jährig beschrieb Tourette eine Fallserie von Erkrankten, deren Störungsbild er „Maladie des Tics“ benannte. So gut wie jeder medizinische oder auch allgemeinpopulärwissenschaftliche Übersichtsartikel bezieht sich dabei auf das erste Fallbeispiel Tourettes, den Fall der Marquise de Dampierre. Deren Krankheitsgeschichte war ursprünglich 1825 von Jean Marc Gaspard Itard (1775–1838) in einem Artikel in den Archives Générales de Médecine publiziert worden. Itard beschrieb sehr ausführlich das Verhalten der damals 26-jährigen jungen Adligen, wie sie in aller Öffentlichkeit mitten in den Konversationen gänzlich unangebracht Schreie oder obszöne Worte ausstieß. Diese vokalen Tics gingen einher mit motorischen Tics, die sich in Grimassieren und Körperverdrehungen äußerten. Weder Charcot noch Gilles de la Tourette untersuchten jemals die Marquise de Dampierre selbst, jede klinische Beschreibung, die je über sie gemacht wurde, kann in Itards Artikel von 1825 gefunden werden (Itard 1825). Charcot betraute Gilles de la Tourette mit der Beschreibung von Tic-Störungen, da dieser sich bereits zuvor für bizarre Verhaltensauffälligkeiten einhergehend mit motorischen Abnormalitäten interessierte, wie sie aus Malaysia, Sibirien und dem US- amerikanischen Bundesstaat Maine bekannt wurden. 1880 berichtete der amerikanische Neurologe George M. Beard über Tic-ähnliche Störungsbilder einhergehend mit unfreiwilligem Fluchen, Nachahmungen, Springen und Zusammenzucken, bei einer Reihe von französisch-kanadischen Holzfällern, die in Maine lebten (Beard 1880). Gilles de la Tourette übersetzte und publizierte Beards Beobachtungen 1881, 1884 beschrieb er ähnliche Phänomene, die aus Malaysia und Sibirien als „latah“ oder „myriachit“ bezeichnet wurden (Tourette 1884). In Tourettes Hauptartikel (Tourette 1885) legte er selbst die Symptome und Prognose der „Maladie des Tics“ basierend auf neun Fallbeschreibungen dar. Während die klinische Beschreibung auch heute noch Bestand hat, so irrte Tourette doch, wenn er das Syndrom als eindeutig in jedem Falle progressiv und lebenslang bestehend charakterisierte. Während Charcot das beschriebene Störungsbild als Syndrom akzeptierte und als „Maladie des tics de Gilles de la Tourette“ klassifizierte, waren viele Kollegen nicht überzeugt, dass es sich um ein eigenständiges Krankheitsbild handelte, sondern sahen in Tics und ihrem Verlauf eher eine Form der Hysterie. Außerhalb der Salpêtrière wurden Tic-Störungen eher den motorischen Bewegungsstörungen wie Chorea zugeordnet. Diese beiden Strömungen führten zu dem Resultat, dass das Tourette-Syndrom im 1. Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts nahezu verschwand.

Symptomatik und Klassifikation

Symptomatik

Tics sind plötzliche, unwillkürliche, rasche, sich wiederholende, nichtrhythmische motorische Bewegungen, die zwar umschriebene funktionelle Muskelgruppen betreffen, die aber keinem offensichtlichen Zweck dienen. Je nach Muskelgruppen äußern sie sich als Bewegungen (motorische Tics) oder als Lautproduktionen (vokale Tics).
Sie dauern meist weniger als eine Sekunde an, wiederholen sich aber oft in kurzen Serien, ohne dabei einen Rhythmus zu entwickeln. Tics können als isolierte und enthemmte Fragmente gelernter willkürlicher Motorik und/oder Vokalisationen betrachtet werden. Im Gegensatz zu willkürlichen Verhaltensmustern, denen sie vom Muster her teilweise auch ähneln können, sind sie nicht zweckgerichtet und werden subjektiv fast immer als sinnlos sowie oft als störend empfunden (Leckman et al. 2014). Motorische und vokale Tics können in ihrer Anzahl, Lokalisation, Komplexität, Intensität, Häufigkeit und Art inter- und intraindividuell beträchtlich variieren. Tab. 1 zeigt Beispiele von einfachen und komplexen motorischen und vokalen Tics, sowie von besonderen Phänomenen, die allerdings selten auftreten (vgl. Döpfner et al. 2010a).
Tab. 1
Einteilung von Tics (nach Döpfner et al. 2010a)
 
Motorische Tics
Vokale Tics
Einfach
z. B. Blinzeln, Schulterzucken, Kopfrucken
z. B. Räuspern, Pfeifen, Husten, Schnüffeln
Komplex
z. B. Hüpfen, Klatschen, Berühren
z. B. Wörter, Sätze, Kurzaussagen
Besonderheiten
Echokinesie, Kopropraxie
Palilalie, Echolalie, Koprolalie
Zu den einfachen motorischen Tics zählen Augenblinzeln, Kopfwerfen, Schulterzucken und Grimassieren. Komplexe motorische Tics sind oft langsamer und wirken deshalb in ihrem Erscheinungsbild eher einem Ziel zugeordnet, wie z. B. Hüpfen, in die Hände klatschen, Arme beugen oder das Bein strecken. Motorische Tics zeigen sich fast durchweg zuerst und am häufigsten im Gesicht-, Kopf-, Nacken- und Schulterbereich. Im weiteren Verlauf der Symptomatik können auch Symptome im distalen Körperbereich auftreten. Die mitunter zwangsartig anmutende Wiederholung von Gesten (auch von Tics) anderer Personen nennt man Echopraxie, das Zeigen von obszönen Gesten Kopropraxie.
Bei den vokalen Tics variiert der Komplexitätsgrad von Lautausstoßungen, Räuspern, Bellen, Grunzen, Schnüffeln und Zischen bis hin zur Wiederholung bestimmter Wörter (Echolalie) und dem Gebrauch sozial unannehmbarer, oft obszöner Wörter (Koprolalie) sowie der Wiederholung eigener Laute oder Wörter (Palilalie).
Tics werden meist zu Beginn der Störung als nicht unterdrückbar erfahren. Sie können jedoch häufig im Verlauf und dann zumindest für kurze Zeit, mitunter auch für mehrere Stunden unterdrückt werden. Besonders sozial unangenehme Tics können verschleiert, in Willkürhandlungen eingebaut, verlangsamt und geordnet werden. Typischerweise ist eine erhebliche Spontanfluktuation in der Art, der Anzahl, der Komplexität, der Intensität, der Häufigkeit und der Lokalisation der Tics über einen Zeitraum von Wochen und Monaten zu beobachten. Tics lassen meist unter nicht angstbesetzter Ablenkung und Konzentration nach, sie interferieren nur bei sehr schwerer Ausprägung mit intendierten Bewegungen. Sie kommen seltener und oft in verminderter Ausprägung in allen Schlafstadien vor (Rothenberger et al. 2001) und nehmen unter emotionaler Erregung (Eustress und Disstress) zu.
Etwa ab dem Grundschulalter berichten Patienten mit Tic-Störungen von sensomotorischen Phänomenen, welche den Tics unmittelbar vorausgehen. Diese Vorgefühle werden gelegentlich als erhöhte diffuse innere Anspannung und Unruhe beschrieben, die als eine gesteigerte Sensitivität, eine Irritation, ein inneres Drang- oder Druckgefühl wahrgenommen werden (im Englischen als „premonitary urge“ bezeichnet). Meist werden sie dem Körperbereich zugeschrieben, in dem die Tics dann auch auftreten (Banaschewski et al. 2003). Der motorische oder vokale Tic löst meist diese Anspannung, mitunter jedoch erst nach mehrfacher, dann teilweise willentlicher Ausführung der Tic-Bewegung und oft nur für eine kurze Zeit. Die Spannung baut sich dann erneut auf und die Tics müssen wieder ausgeführt werden.
Seltener wird direkt nach einem Tic bzw. einer Tic-Salve das Gefühl beschrieben, dieses Bewegungsmuster „nicht richtig“ ausgeführt zu haben. Entsprechend dem „Vorgefühl“ können solche „Nachgefühle“ derart unangenehm sein, dass die Betroffenen sich gezwungen sehen, die Bewegung noch mehrfach willentlich zu wiederholen, bis sich ein Körpergefühl einstellt, sie „genau richtig“ ausgeführt zu haben. Erst dann entsteht ein meist kurzfristiger Eindruck der Entlastung von innerer Anspannung, aber möglicherweise auch Ärger, Wut, Unruhe und Resignation (Moll und Rothenberger 1999).

Klassifikation

Das isolierte bzw. gemeinsame Auftreten von motorischen und vokalen Tics sowie ihr Chronifizierungsgrad sind die zentralen Klassifikationsmerkmale von Tic-Störungen.
Sowohl ICD-10/ICD-11 (Weltgesundheitsorganisation 2015, 2016; World Health Organization 2018) als auch DSM-5 (APA/Falkai et al. 2018) unterscheiden im Wesentlichen drei Diagnosekategorien:
  • Bei der vorläufigen (ICD-10: vorübergehenden Tic-Störung; F95.0) hält die Symptomatik nicht länger als 1 Jahr an.
  • Bei der persistierenden (chronischen) motorischen oder vokalen Tic-Störung (ICD-10: F95.1) persistieren entweder motorische oder vokale Tics (aber nicht beide gemeinsam) zumindest über 1 Jahr. ICD-11 benutzt hier zwei getrennte Diagnosekategorien.
  • Das Tourette-Syndrom (DSM-5: Tourette-Störung; ICD-10/11: Tourette-Syndrom; ICD-10: F95.2) wird als die Kombination von vokalen und multiplen motorischen Tics definiert, die länger als 1 Jahr andauern, aber nicht notwendigerweise gleichzeitig auftreten müssen.
Darüber hinaus wird die Diagnosekategorie der anderen näher bezeichneten oder nicht näher bezeichneten Tic-Störung (ICD-10: F95.8/F95.9) eingeführt, die dann benutzt werden soll, wenn nicht alle Kriterien einer spezifischen Tic-Störung erfüllt sind (z. B. wenn die Störung nach dem 18. Lebensjahr begonnen hat). Die folgende Übersicht gibt die operationalisierten Diagnosekriterien des DSM-5 wieder.
Diagnostische Kriterien für Tic-Störungen nach DSM-5 (American Psychiatric Association/Falkai et al. 2018; mit freundl. Genehmigung vom Hogrefe Verlag Göttingen aus dem Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fifth Edition, © 2013 American Psychiatric Association, dt. Version © 2018 Hogrefe Verlag)
Beachte: Tics sind plötzliche, schnelle, sich wiederholende, unrhythmische motorische Bewegungen oder Lautäußerungen.
Tourette-Störung (F95.2)
A.
Multiple motorische Tics sowie mindestens ein vokaler Tic treten im Verlauf der Störung auf, jedoch nicht unbedingt gleichzeitig.
 
B.
Die Tics können in ihrer Häufigkeit zu- oder abnehmen, sie bestehen jedoch seit Beginn des ersten Tics seit mehr als einem Jahr fort.
 
C.
Der Beginn liegt vor dem Alter von 18 Jahren.
 
D.
Die Störung ist nicht Folge der physiologischen Wirkung einer Substanz (z. B. Kokain) oder eines anderen medizinischen Krankheitsfaktors (z. B. Huntington’sche Erkrankung, postvirale Enzephalitis).
 
Persistierende (chronische) motorische oder vokale Tic-Störung (F95.1)
A.
Einzelne oder multiple, entweder motorische oder vokale Tics treten im Verlauf der Krankheit auf, jedoch nicht sowohl motorische als auch vokale Tics.
 
B.
Die Tics können in ihrer Häufigkeit zu- und abnehmen, sie bestehen jedoch seit Beginn des ersten Tics seit mehr als einem Jahr fort.
 
C.
Der Beginn liegt vor dem Alter von 18 Jahren.
 
D.
Die Störung ist nicht Folge der physiologischen Wirkung einer Substanz (z. B. Kokain) oder eines anderen medizinischen Krankheitsfaktors (z. B. Huntington’sche Erkrankung, postvirale Enzephalitis).
 
E.
Die Kriterien der Tourette-Störung waren zu keinem Zeitpunkt erfüllt.
 
Bestimme, ob:
Ausschließlich mit motorischen Tics
Ausschließlich mit vokalen Tics
Vorläufige Tic-Störung (F95.0)
A.
Einzelne oder multiple motorische und/oder vokale Tics.
 
B.
Die Tics treten seit Beginn des ersten Tics kürzer als ein Jahr auf.
 
C.
Der Beginn liegt vor dem Alter von 18 Jahren.
 
D.
Die Störung ist nicht Folge der physiologischen Wirkung einer Substanz (z. B. Kokain) oder eines anderen medizinischen Krankheitsfaktors (z. B. Huntington’sche Erkrankung, postvirale Enzephalitis).
 
E.
Die Kriterien der Tourette-Störung oder der persistierenden (chronischen) motorischen oder vokalen Tic-Störung waren zu keinem Zeitpunkt erfüllt.
 
ICD-11 ordnet Tic-Störungen nicht mehr unter die psychischen Störungen ein, sondern unter die Bewegungsstörungen im Bereich der Erkrankungen des Nervensystems, was verwundert, da Tic-Störungen im Gegensatz zu anderen neurologischen Bewegungsstörungen ausgeprägten Schwankungen unterliegen und von Stressoren erheblich beeinflusst werden. Die folgende Übersicht gibt die Diagnosebezeichnungen und Diagnoseschlüssel nach ICD-11 wieder. ICD-11 unterscheidet zwischen primären und sekundären Tic- Störungen. Letztere sind die direkte physiologische Folge einer vorhergehenden Infektion oder Erkrankung. Sekundäre Tics, beispielsweise als Folge einer postviralen Enzephalitis, werden im DSM-5 ausgeschlossen. Zudem werden im Gegensatz zu DSM-5 chronische motorische und chronische vokale Tic-Störungen als zwei getrennte Diagnosekategorien eingeführt.
Tic-Störungen nach ICD-11 (Übersetzung durch die Autoren)
  • 8A05.0: Primäre Tics oder Tic-Störungen
  • 8A05.00: Tourette-Syndrom
  • 8A05.01: Chronische motorische Tic-Störung
  • 8A05.02: Chronische vokale Tic-Störung
  • 8A05.03: Vorübergehende Tic-Störung
  • 8A05.0Y: Andere näher bezeichnete primäre Tics oder Tic-Störungen
  • 8A05.0Z: Nicht näher bezeichnete primäre Tics oder Tic-Störungen
  • 8A05.1: Sekundäre Tics
  • 8A05.Y: Andere näher bezeichnete Tic-Störungen
  • 8A05.Z: Nicht näher bezeichnete Tic-Störungen
Diese kategoriale Aufteilung der Klassifikationssysteme sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Tic-Störungen vermutlich ein Störungskontinuum darstellen, das durch das Auftreten von motorischen und vokalen Tics gekennzeichnet und von den transitorischen Tics des Kindesalters über die chronisch-motorische oder -vokale Tic-Störung bis zu den Varianten eines Tourette-Syndroms reichen kann.

Differenzialdiagnose und Komorbidität

Andere psychische Störungen müssen sowohl vor dem Hintergrund der differenzialdiagnostischen Abgrenzungen als auch als potenzielle komorbide Störungen berücksichtigt werden (vgl. Döpfner et al. 2010a). In klinischen Stichproben weisen bis zu 90 % aller Betroffenen neben der chronischen Tic-Störung weitere, sog. komorbide Störungen auf, die für die Entwicklung häufig den größeren Risikofaktor darstellen als die Tics an sich (Denckla 2006; Roessner et al. 2007). Je niedriger das Alter bei Beginn der Tic-Störung ist und bei familiärer Belastung mit Tic-Störungen finden sich häufiger komorbide Störungen. Die folgende Übersicht fasst die Ergebnisse der verschiedenen Studien zu den häufigsten komorbiden Störungen zusammen.
Häufigkeit komorbider Störungen bei Kindern und Jugendlichen mit Tic-Störungen (nach Döpfner et al. 2010a)
  • 50–75 %Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen
  • 30–60 %Zwangsstörungen
  • 20–25 %Affektive, vor allem depressive Störungen
  • 15–20 %Angststörungen
  • 4–60 %Selbstverletzendes Verhalten
  • 15–40 %Schlafstörungen
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen stellen die am häufigsten komorbid auftretenden Störungen bei Kindern/Jugendlichen mit Tic-Störung dar: Etwa 50–75 % aller Kinder mit Tic-Störung weisen begleitend eine ADHS auf. Liegen beide Störungen vor, dann werden beide Diagnosen gestellt. Typischerweise tritt die ADHS-Symptomatik früher, also im Kindergarten- und Vorschulalter auf, während sich die Tic-Symptomatik häufig erst mit Beginn des Grundschulalters manifestiert.
Unabhängig hiervon müssen Tics immer differenzialdiagnostisch von allgemeiner motorischer Unruhe abgegrenzt werden, was allerdings Probleme bereiten kann. Allerdings ist eine Bewegungsunruhe als Kernsymptom einer ADHS in der Regel bezüglich der motorischen Muster variabler und/oder allgemeiner, während bei Tics zumindest über einen gewissen Zeitraum eher immer gleiche Bewegungsabläufe vorkommen.
Zwangsstörungen und zwanghafte Tendenzen können komorbid auftreten, müssen aber auch diagnostisch genau differenziert werden. Zwangshandlungen sind im Vergleich zu Tics typischerweise komplexer (z. B. Händewaschen) und treten meist als Reaktion auf Zwangsgedanken auf. Allerdings kann die Abgrenzung komplexer Tics von Zwangshandlungen sehr schwierig sein. So können komplexere repetitive Bewegungen, wie z. B. das wiederholte Berühren von Gegenständen sowohl als komplexer motorischer Tic als auch als Zwangshandlung klassifiziert werden, je nach subjektivem Erleben. Entscheidendes Unterscheidungsmerkmal ist die Intentionalität der Handlungen: Tics sind eher ungewollt und passieren einfach aus einem meist im Körper lokalisierten Dranggefühl heraus. Zwangshandlungen sind immer intendiert, d. h. der Patient löst die Handlung willentlich aus, um einen bestimmten Zweck zu verfolgen – meist um Ängste; Anspannung oder Ekel zu reduzieren, die durch Zwangsgedanken zuvor ausgelöst worden sind. Diese Intentionalität ist bei Zwangsstörungen auch dann noch gegeben, wenn der Patient wie unter einem Zwang handelt, also das Gefühl hat, gar nicht anders handeln zu können – es bleibt immer noch eine intentionale Handlung (Döpfner und Rothenberger 2007).
Patienten mit Tic-Störung, insbesondere mit Tourette-Syndrom entwickeln jedoch im Verlauf der Tic-Störung oft zusätzlich Zwänge, die sich allerdings meist von den Zwängen unterscheiden, die eher bei Patienten mit einer Zwangsstörung ohne begleitende Tics zu finden sind. Zielen die klassischen Zwänge von Zwangspatienten auf die Verminderung von Ängsten oder Ekel oder auf die Abwendung von drohendem Unheil ab, so zeichnen sich die bei Tic-Störungen entwickelnden Zwänge vor allem dadurch aus, dass Handlungen so häufig wiederholt werden müssen „bis es gut ist“, d. h. bis sich ein gutes sensomotorisches Gefühl einstellt. Ängste und Ekel spielen dabei in der Regel keine Rolle. Solche zwanghaften Verhaltensweisen werden als Just-Right-Zwänge bezeichnet. Diese treten so gut wie immer erst nach der Entwicklung einer Tic-Störung, also meist im Jugendalter auf. Wenn die Diagnosekriterien für eine Zwangsstörung bei Patienten mit einer Tic-Störung erfüllt sind, werden beide Diagnosen vergeben.
Sowohl depressive Störungen als auch einzelne depressive Symptome, wie Niedergeschlagenheit, negatives Selbstkonzept oder mangelndes Selbstvertrauen, traurige Verstimmung, Rückzugsverhalten oder mangelnder Antrieb sind als komorbide Symptome oder Störungen häufig bei Kindern und vor allem bei Jugendlichen mit Tic-Störung zu finden, vermutlich hauptsächlich in Zusammenhang mit den durch Tics ausgelösten Belastungen. Ausgeprägte Tics veranlassen die Betroffenen häufig, sich zurückzuziehen, um die negativen Reaktionen des Umfeldes zu mindern. Die Erfahrung, die Tics selbst bei starker Anstrengung nicht kontrollieren zu können, löst bei den Betroffenen Hilflosigkeit aus. Solche Hilflosigkeitserfahrungen können die Grundlage für die Entwicklung einer depressiven Symptomatik darstellen. Andererseits können emotionale Belastungen sowohl kurz- als auch langfristig das Ausmaß der Tics verstärken
Angststörungen treten ebenfalls gehäuft bei Kindern/Jugendlichen mit Tic-Störung als komorbide Symptomatik auf, insbesondere in Form von sozialen Ängsten, Leistungsängsten, Trennungsängsten und generalisierten Angststörungen. Wie bei den depressiven Symptomen können auch Angststörungen die Folge der negativen Reaktionen des Umfeldes auf die Tic-Symptomatik sein. Allerdings können Kinder/Jugendliche mit Tic-Störung in ängstigenden Situationen auch vermehrt Tics zeigen.
Umschriebene Entwicklungsstörungen treten gehäuft als komorbide Störungen auf. Beschrieben sind auch Defizite in der allgemeinen visuellen und in der Farbperzeption, der visuomotorischen Integration, der Feinmotorik und der Sprachrezeption und -flüssigkeit sowie vermehrtes Auftreten von Legasthenie und Dyskalkulie (Como 2005).
Intelligenzminderungen in Form von Lernbehinderung oder geistiger Behinderung kommen ebenfalls als komorbide Störung in Betracht. Bei Kindern/Jugendlichen mit ausgeprägter Intelligenzminderung lassen sich häufig Stereotypien beobachten, die im Gegensatz zu Tics stärker intendierte Bewegungen darstellen und einen lustvollen oder autoaggressiven Charakter haben können.
Autismus-Spektrum-Störungen zeichnen sich unter anderem durch begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensmuster au. Diese Stereotypien sind oft schwer von Tic-Symptomen abzugrenzen. Meist wirken sie aber lustbetont, beabsichtigt und zeigen komplexere und harmonischere Bewegungsabläufe. In diesen Fällen wird die autistische Störung diagnostiziert und keine Tic-Störung.
Bei schizophrenen Störungen können Lautäußerungen wie Echolalie oder Palilalie, aber auch Verhaltensweisen, wie beispielsweise Schnüffeln vorkommen. Motorische Tics sind von solchen unorganisierten oder katatonen Verhaltensweisen bei schizophrenen Störungen differenzialdiagnostisch zu unterscheiden. Lautäußerungen und Verhaltensweisen bei einer schizophrenen Störung unterscheiden sich von vokalen Tics hinsichtlich ihrer Funktion. Vokale Tics sind unwillkürliche und für den Patienten als sinnlos erlebte Lautäußerungen, die mit keinem weiteren Erleben oder Gedanken in Verbindung stehen. Sie bilden eine in sich abgeschlossene Symptomatik, wohingegen die vokalen schizophrenen Störungen in einem weitergehenden Kontext stehen.
Selbstverletzendes Verhalten kann mit einer Tic-Störung einhergehen. Tics selbst können direkt zu nichtintendierten Selbstverletzungen führen (z. B. auf die Augen schlagen). Patienten mit einer Tic-Störung können sich aber auch intendierte Selbstverletzungen zufügen, manchmal um dadurch Tic-Bewegungen zu unterbrechen oder auch um die durch die Erfahrung der Nichtkontrollierbarkeit von Tics aufgestaute Wut und Verzweiflung abzuführen.
Stereotypien beinhalten meist komplexe, länger andauernde und über lange Zeit gleichermaßen wiederkehrende Bewegungen, sodass sie von kurz dauernden einfachen Tics (z. B. Blinzeln) leicht zu unterscheiden sind. Die Unterscheidung zu komplexen motorischen Tics gestaltet sich hingegen schwieriger. Stereotype Bewegungen erscheinen eher willentlich initiiert und können manchmal eine für den Patienten lustvolle oder eine autoaggressive Komponente zeigen. Tics werden von den Betroffenen eher als störend empfunden und laufen unwillkürlicher ab. Auch ändert sich die Lokalisation eines Tics meist im Laufe der Zeit, während Stereotypien meist über die Zeit hinweg relativ konstant bleiben. Komplexe Tics, die von den stereotypen Bewegungen schwieriger zu unterscheiden sind, haben meist einfache Tics als Vorläufer. Diese lassen sich bei den stereotypen Bewegungen nicht finden.
Bei der Trichotillomanie, dem wiederholten Ausreißen der eigenen Haare, geht oft ein zunehmendes Spannungsgefühl voraus. Die Symptomatik verursacht – im Gegensatz zu Tics – häufig lustvolle Befriedigung oder Entspannung. Allerdings kann Haareausreißen hochgradig automatisiert und somit unbemerkt auftreten. Tic-Symptome sind variabler und sehr selten nur auf eine einzige Handlung festgelegt. Beide Störungen lassen sich daher recht gut voneinander unterscheiden.
Schlafstörungen können sowohl Ein- und Durchschlafschwierigkeiten, nächtliche Trennungsangst sowie Parasomnien umfassen und als komorbide Störungen auftreten. Tics können auch im Schlaf auftreten, wobei sie meist weniger ausgeprägt sind als am Tag und als nicht sehr störend empfunden werden. Die Schlafstörungen nehmen mit dem Schweregrad der Tic-Symptomatik zu. Eine insgesamt geringere Schlafeffizienz kann am Tage zu Müdigkeit und erhöhter Stressanfälligkeit und damit zu einer Zunahme der Tic-Symptomatik führen (Rothenberger et al. 2001).
Eine Störung des Sozialverhaltens kann ebenfalls komorbid mit einer Tic-Störung auftreten. Oftmals sind die Symptome der Störung des Sozialverhaltens der eigentliche Vorstellungsgrund: Eine Verbindung zu gleichzeitig vorliegender hyperkinetischer Symptomatik ist zu beachten.
Neben der differenzialdiagnostischen Abgrenzung zu psychischen Störung muss auch die Abgrenzung zu neurologischen Bewegungsstörungen und körperlichen Erkrankungen beachtet werden (Towbin et al. 1999):
  • Von den Tic-Störungen sind die Dystonien abzugrenzen, die stellenweise auch im Gesichtsbereich beginnen können (Blepharospasmus, Meige-Syndrom, oromandibuläre Dystonie). Sie sind aber permanent vorhanden, erscheinen in der Ausführung langsamer, sind im Gegensatz zu Tics nicht willentlich unterdrückbar und sistieren im Schlaf.
  • Der Spasmus hemifacialis betrifft ausschließlich die Muskeln einer Gesichtshälfte, die vom N. facialis versorgt werden und ist durch hochsynchrone tonische und klonische Zuckungen in einzelnen oder allen mimischen Muskeln gekennzeichnet.
  • Abzugrenzen ist auch die Chorea minor (Sydenham), die nach Infekten mit Streptokokken auftreten kann und deren Bewegungsmuster peripher (Hände) beginnen. Zeigen sich einfache und kurze Bewegungen, können diese mit Tics verwechselt werden. Die choreiformen Bewegungen der Chorea minor imponieren im Gegensatz zu den paroxysmal auftretenden Tics kontinuierlich. Außerdem werden sie durch Willkürbewegungen exazerbiert. Zunehmend wird allerdings eine ätiologische Verwandtschaft von bestimmten Fällen eines Tourette-Syndroms zur Chorea minor Sydenham diskutiert (s. PANDAS 85.5 Immunologische Faktoren; Pavone et al. 2006).
  • Auch Symptome einer Chorea major (Huntington) oder die Choreoakanthozytose können zumindest im Anfangsstadium dem Tourette-Syndrom ähneln.
  • In Einzelfällen kann eine dem Tourette-Syndrom ähnliche Symptomatik durch zerebrale Störungen wie Schädel-Hirn-Trauma, Infarkt, CO-Vergiftung, entzündlicher Prozess bzw. Infektion mit z. B. Mykoplasmen (Müller et al. 2004) induziert werden.
  • Bei einer Langzeitbehandlung mit Neuroleptika können tardive Dyskinesien als extrapyramidale Nebenwirkung auftreten. Sowohl nach kurz- als auch längerfristiger Medikation vorwiegend mit typischen Neuroleptika wurden Bewegungsmuster beschrieben, die den Symptomen eines Tourette-Syndroms ähnlich waren (Reid 2004).
  • Beim Myoklonus werden nichtfunktionelle Muskelgruppen aktiviert und es besteht keine willentliche Kontrolle (Orth et al. 2007).

Epidemiologie

Etwa 4–12 % der Kinder im Grundschulalter weisen vorübergehende und etwa 3–4 % chronische Symptome einer Tic-Störung auf. Die Prävalenz des Tourette-Syndroms wird mit etwa 0,05–3,0 % angegeben, wobei von einer durchschnittlichen Prävalenz von etwa 1 % ausgegangen werden kann (Robertson et al. 2009).
Nur ein Teil der Tics ist jedoch behandlungsbedürftig, abhängig von der Intensität, der Dauer und dem Grad der psychosozialen Beeinträchtigung. Kinder und Jugendliche sind rund 10-mal häufiger als Erwachsene von Tic-Störungen betroffen, was die Tendenz zur Spontanremission im Verlauf der Entwicklung abbildet (Leckman 2003). Tic-Störungen treten familiär gehäuft auf. Tic-Störungen finden sich häufiger beim männlichen Geschlecht (Verhältnis etwa 3–4,5:1). Geschlechtsunterschiede finden sich auch hinsichtlich begleitender Störungen: Während männliche Betroffene vermehrt externalisierende Verhaltensauffälligkeiten zeigen, sind bei Tic-Patientinnen häufiger Zwangssymptome vorhanden (Döpfner et al. 2010a).

Pathogenese

Trotz der intensiven Erforschung der Pathophysiologie der Tic-Störungen konnte eine zunehmende Anzahl von Studien keinen substanziellen Fortschritt bei der Entschlüsselung der Ätiopathogenese erreichen.
Man geht grundsätzlich davon aus, dass das Erkrankungsrisiko, die Symptomausprägung, der typische Verlauf und die die Tics begleitende Psychopathologie durch das individuelle Wechselspiel von genetischen, neurobiologischen, psychologischen und Umweltfaktoren bestimmt werden (Ganos 2016; Leckman et al. 2006).
Am häufigsten wird ein Funktionsdefizit innerhalb des primär dopaminerg modulierten sensomotorischen kortiko-striato-pallido-thalamo-kortikalen Regulationssystems (im Bereich der Basalganglien und des Motorkortex) angenommen, das aufgrund einer erhöhten dopaminergen Aktivität im Striatum besteht und zu einer Störung der subkortikalen Eigenhemmung und der automatischen Bewegungskontrolle führt (Ganos 2016; Leckman et al. 2006; Rothenberger et al. 2008). Neurochemisch könnte dieser erhöhten dopaminergen Aktivität eine Überempfindlichkeit der Dopamin-Rezeptoren, möglicherweise verbunden mit einer erhöhten Anzahl von präsynaptischen Dopamin-Transportern, zugrunde liegen. Aus der Vielzahl der Untersuchungsbefunde zur Ätiopathophysiologie der Tic-Störung sowohl beim Menschen als auch im Tiermodell lässt sich aktuell schlussfolgern, dass primär die Basalganglien und mit diesen verbundene thalamische und kortikale Strukturen in ihrer Struktur und/oder Funktion betroffen sind.

Genetische Faktoren

In Zwillings- und Familienuntersuchungen zeigte sich ein großer Einfluss genetischer Faktoren mit einer populationsbasierten Heritabilität von 0,77 für das Tourette-Syndrom. Betrachtet man alle Formen von Tic-Störungen, so fand sich bei Geschwistern von Betroffenen ein 15-fach erhöhtes Risiko für die Störung (z. B. Browne et al. 2015). Trotz immer umfangreicherer Forschung wurde bisher kein Gen der Tic-Störungen identifiziert, das einen größeren Effekt zeigt (Georgitsi et al. 2016). Nur in Einzelfällen wurden seltene vererbte oder De-novo-Mutationen mit größerem Einfluss gefunden, wobei Versuche einer Replikation fast immer scheiterten, sodass man nicht von einem Durchbruch sprechen kann. Positive Befunde von Kandidatengen-, genomweiten Assoziations- und CNV-Studien konnten oft nicht repliziert werden. Dabei muss beachtet werden, dass die hohe Rate komorbider Störungen wohl zur großen, auch genetischen Varianz der untersuchten Gruppen beiträgt. Dementsprechend fanden sich genetische Gemeinsamkeiten mit zahlreichen anderen neuropsychiatrischen Störungen. Zu erwähnen sind neben Zwangsstörungen, die phänomenologisch den Tics am ähnlichsten sind, auch Autismus-Spektrum-Störungen, ADHS und interessanterweise Migräne (Robertson et al. 2017). Zusammengefasst geht man bis heute davon aus, dass das Risiko für die Entwicklung einer Tic-Störung aus einem bunten, zwischen den einzelnen Betroffenen auch sehr unterschiedlichen Mix an unterschiedlichen Genen determiniert wird, die sich auch in der Allgemeinbevölkerung finden (Davis et al. 2013). Aufgrund der Uneinheitlichkeit und großen Bandbreite hinsichtlich der Penetranz der inzwischen zahlreichen Studienergebnisse wird vermutet, dass Art und Schwere des klinischen Phänotyps zusätzlich durch nichtgenetische Faktoren im Sinne einer Gen-Umwelt-Interaktion bestimmt werden, die das Bild zum Einfluss genetischer Faktoren noch komplizierter machen.

Immunologische Faktoren

Da immer wieder im Einzelfall ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Beginn oder der Verschlechterung der Tic-Symptomatik und einer Entzündung im Hals-Nasen-Ohren-Bereich vom Patienten oder dessen Eltern berichtet wird, steht die Hypothese verursachender autoimmunologischer Prozesse im Raum. Dazu vermuten einige Autoren, dass bei einem kleinen Teil der Betroffenen (ca. 5–10 %) postinfektiös Schädigungen der Neurone des Putamens und des Nucleus caudatus durch solche Prozesse eine Rolle bei der Pathogenese von Tics, aber auch von Zwängen und hyperkinetischem Verhalten spielen können (PANDAS, Pediatric Autoimmune Neuropsychiatric Disorders Associated with Streptococcal Infection; Pavone et al. 2006). Es besteht allerdings trotz zahlreicher Forschungen zu dieser Hypothese weiterhin großer Klärungsbedarf, da die Phänomenologie von PANDAS, wie auch die Spezifität der entsprechenden Laborbefunde, strittig bleibt.
Allerdings gibt es auch Hinweise auf andere Einflüsse immunologischer Faktoren. So zeigte sich in einer dänischen Registerstudie, dass eine mütterliche Autoimmunerkrankung ein um 29 % erhöhtes Risiko für ein Tourette-Syndrom bei den Kindern bedingt. Ob dieses Risiko auf gemeinsame genetische Faktoren für die Autoimmunerkrankung der Mutter und das Tourette-Syndrom des Kindes und/oder auf während der Schwangerschaft/Geburt stattfindende Prozesse – wie eine Übertragung von Antikörpern durch die Plazenta – zurückzuführen ist, muss aufgrund des Studiendesigns spekulativ bleiben (Dalsgaard et al. 2015). Auch bei Untersuchungen von Betroffenen werden immer wieder immunologische Veränderungen berichtet, die nicht mit einer Streptokokkeninfektion in Zusammenhang gebracht werden können. So fanden sich im Blut von Patienten mit einer Tic-Störung eine verringerte Anzahl T-Zellen, Dysgammaglobulinämie und verstärkte Antikörperreaktionen auf pathogene Keime (Robertson et al. 2017).

Funktionelle und strukturelle Veränderungen

Die große Ähnlichkeit von Tics mit Willkürhandlungen und die Tatsache, dass sie bei sehr vielen Betroffenen zumindest zeitweise willentlich unterdrückt werden können, spricht dafür, dass zumindest teilweise dieselben Regelkreise im Gehirn involviert sind: die kortiko-striato-thalamo-kortikalen Regelkreise. Auch spricht vieles dafür, dass die Unterdrückbarkeit durch sog. Top-down-Inhibition zustande kommt. Passend hierzu haben zahlreiche Studien mikro- und makroskopische Veränderungen mit direkten und indirekten Methoden (z. B. Bildgebung, Post-mortem-Untersuchungen am Gehirn) ergeben. Dabei wurden sogar mitunter Zusammenhänge zwischen der Ausprägung der untersuchten Veränderung und der Stärke der Tic-Symptomatik gefunden. Allerdings gibt es weiterhin auch Widersprüche und andere Unklarheiten in und zwischen den Studienergebnissen. Beispielsweise fanden Worbe et al. (2015) bei erwachsenen Patienten mit Tourette-Syndrom (einige mit komorbider Zwangsstörung) strukturelle Veränderungen der Konnektivität in den kortiko-striato-thalamo-kortikalen Regelkreisen, die mit der Stärke der Tic-Symptomatik korrelierten. Diese Veränderungen fanden sich verglichen mit gesunden Kontrollprobanden. Eine weitere Studie fand bei Erwachsenen mit Tourette-Syndrom (teilweise mit begleitender Zwangsstörung) eine abnormale Morphologie der Sulki des primär somatosensorischen Kortex und weiterer Regionen des frontalen, temporalen und insulären Kortex (Muellner et al. 2015).
Mit Methoden der funktionellen Bildgebung zeigten sich bei Patienten mit Tourette-Syndrom ein erhöhter zerebraler Blutfluss sowie eine mit Tics assoziierte Hyperperfusion im linken Nucleus caudatus und anterioren Cingulum begleitet von einer Hypoperfusion im linken dorsolateralen Kortex. Aber auch in striatalen, frontalen und temporalen Regionen wurden Hypoperfusionen bei vom Tourette-Syndrom Betroffenen gefunden. Inwieweit die Heterogenität der funktionellen wie strukturellen Befunde durch unterschiedliche Komorbiditäten, Dauer der Tic-Störung, Medikamenteneinnahme etc. zu erklären sind, bleibt unklar.

Neurotransmitter

Da Neurotransmitter im Gehirn beim Menschen nur indirekt, z. B. im peripheren Blut oder über Bildgebungsstudien (z. B. PET und SPECT) gemessen werden können, stammen etliche Hypothesen aus einer Vielzahl von Ergebnissen aus Studien an Tiermodellen (Bortolato und Pittenger 2017). Dabei fanden sich passend zur positiven Wirkung von Dopamin-modulierenden Medikamenten die meisten und konsistentesten Veränderungen im dopaminergen System, die zu vier Hyopthesen passen: 1) dopaminerge Hyperinnervation, 2) supersensitive Dopaminrezeptoren, 3) präsynaptische dopaminerge Veränderungen und 4) Veränderungen der tonischen und phasischen Dopaminwirkung (Buse et al. 2013).
Tic-artige Bewegungen zeigten sich aber auch bei Unterbrechung der GABAergen Transmission mit der Folge einer Disinhibition in den kortiko-striato-thalamo-kortikalen Regelkreisen bei Ratten und Primaten (Ganos et al. 2018). Dabei hing die Körperhälfte, die von den Tic-artigen Bewegungen betroffen war, vom Injektionsort im Striatum ab (Bronfeld et al. 2013). Passend hierzu führte bei Affen eine GABAerge Disinhibition im Nucleus accumbens zu Tic-artigen Vokalisationen (McCairn et al. 2016). Letztgenannter Befund unterstreicht die Bedeutung des limbischen Systems bei vokalen Tics und wirft die Frage auf, inwieweit Tics mit einem „Bedeutungsinhalt“, wie z. B. Koprolalie oder zwanghaft anmutenden Tics, durchaus auch auf pathophysiologischer Ebene eine emotionale Komponente besitzen. Doch nicht nur im Tiermodell, sondern auch beim Menschen fanden sich in unterschiedlichen Altersgruppen Hinweise auf GABAerge Auffälligkeiten (Draper et al. 2014).
Es scheint aber nicht ein Neurotransmitter und dieser dann noch exklusiv für Tics verantwortlich zu sein, sondern eine funktionelle Störung in den erwähnten Regelkreisen, welche durch Abweichungen im Zusammenspiel der Neurotransmitter entstehen kann. Wie und warum diese entstehen, ist bis heute unklar (Abschn. 5.1). In diesem Zusammenhang ist beispielsweise interessant, dass Mutationen des Histidindecarboxylasegens in Untersuchungen sowohl beim Menschen als auch im Tiermodell gefunden wurden, wobei die Histidindecarboxylase nicht nur für die Synthese von Histamin zuständig ist, sondern indirekt auch Einfluss auf das striatale Dopaminsystem nimmt (Baldan et al. 2014).
Aber auch die beim Menschen gut bekannte Rolle von Stress (Buse et al. 2014, 2016) konnte in einer Tierstudie bestätigt werden. Nach der Ablation von cholinergen Interneuronen im dorsolateralen Striatum zeigten Mäuse keine Auffälligkeiten verglichen mit gesunden Kontrollmäusen, sondern nur unter psychosozialem Stress (bzw. Amphetamingabe) waren Verhaltensweisen zu beobachten, die komplexen Tics ähneln (Xu et al. 2015).

Schädigungen des Zentralnervensystems

Neben genetischen Ursachen wurden immer wieder Schädigungen des Zentralnervensystems während der Schwangerschaft und der Geburt, aber auch danach mit einem erhöhten Risiko für die Entstehung einer Tic-Störung in Zusammenhang gebracht. Diese sind bis heute aber eher als unspezifische Risikofaktoren, d. h. für unterschiedlichste neuropsychiatrische Erkrankungen anzusehen (z. B. Übelkeit oder Erbrechen während der ersten drei Monate der Schwangerschaft, übermäßiger Koffein- und Nikotingenuss, Alkoholabusus sowie Hypoxie, vorzeitige Geburt).
Eine Schädigung des Gehirns kann auch direkt durch toxische Substanzen verursacht werden. Zur Intoxikation mit Kohlenmonoxid, Quecksilber oder Wespengift sind Fallberichte mit engem zeitlichem Zusammenhang zum Auftreten erster Tics bekannt. Inwieweit der zeitliche Zusammenhang zwischen einem Neuauftreten bzw. Exazerbation der Tics und der Einnahme von Medikamenten, wie z. B. Pemolin, Amphetaminen, Kokain, Heroin, verschiedenen Antidepressiva und Neuroleptika, überhaupt Aussagen auf einen ursächlichen Zusammenhang zulässt, ist angesichts neuerer Untersuchungen sehr fraglich, die keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten erster Tics und dem Beginn einer Medikation mit Methylphenidat fanden (Palumbo et al. 2004; Roessner et al. 2006).
Bildgebungsstudien haben bis heute kein einheitliches Bild ergeben. Funktionelle Magnetresonanztomografie-Verfahren zeigten einen erhöhten Blutfluss und Tic-assoziierte Durchblutungsanstiege im linken Nucleus caudatus und anteriorem Cingulum sowie eine Minderperfusion im linken dorsolateralen präfrontalen Kortex. Ebenso wurde eine Hypoperfusion im Striatum, frontalen und temporalen Regionen beobachtet. Strukturelle Aufnahmen mittels Magnetresonanztomografie zeigten eine kortikale Ausdünnung in frontalen und sensomotorischen Regionen sowie eine verminderte Tiefe der Sulki und eine reduzierte kortikale Dicke im Bereich der Sulki. Kleinere Volumina des Nucleus caudatus im Kindesalter waren mit einer höheren Tic-Schwere im Jugendalter assoziiert. Verschiedene Studien, wie z. B. die Befunde einer Studie mittels Diffusion Tensor Imaging (DTI) befeuerten die Hypothese einer kompensatorischen Reorganisation des Gehirns als Korrelat erhöhter Selbstregulationsmechanismen, die eine Reduktion der Tics im Jugendalter zur Folge haben könnte. Allerdings limitieren verschiedenste Faktoren die Aussagekraft und Vergleichbarkeit der durchgeführten Studien, wie z. B. geringe Teilnehmerzahl, Bewegungsartefakte durch die Tics, ungeklärter Umgang mit der Anweisung „Bitte still liegen“ (d. h. wird dadurch eine willentliche Unterdrückung der Tics implizit gefordert), konfundierende Faktoren wie hohe Rate an komorbiden Erkrankungen (ADHS, Zwangserkrankungen etc.), Effekte langjähriger und aktueller Einnahme von Medikamenten, jahrelange Unterdrückung (Abschn. 5.6, Kompensationshypothese) bzw. Ausführung von Tics (vgl. Robertson et al. 2017).

Neurophysiologische Auffälligkeiten

Die Ergebnisse von Studien mit transkranieller Magnetstimulation (TMS) sowohl zur Erforschung ätiopathophysiologischer Faktoren als auch als therapeutische Intervention sind aufgrund vieler Limitationen immer noch als vorläufig zu bezeichnen (Grados et al. 2018). So scheinen sowohl komorbide ADHS als auch Zwangsstörungen die Befunde zu einer veränderten kortikalen Exzitabilität zu beeinflussen. Als aussichtsreiches Ziel einer TMS-Behandlung wird derzeit der supplementär-motorische Kortex (SMA) angesehen.
Auch bei der Interpretation von EEG-Veränderungen stellen Komorbiditäten ein Problem dar. Bei etwa 20–60 % der Betroffenen fanden sich unspezifische EEG-Veränderungen, verglichen mit 5–15 % bei Gesunden (Hallett 2001). Auch mit anderen elektrophysiologischen Methoden fanden sich zahlreiche Veränderungen bei Betroffenen, welche die jeweils formulierte Hypothese mehr oder weniger deutlich unterstützten. Beispielhaft sei von den neuesten Ergebnissen berichtet, dass das „stimulus-action binding“ laut den Ergebnissen einer ERP-Studie stärker ausgeprägt ist (Petruo et al. 2018) oder die EEG-Komplexität in einer Resting-State-EEG-Studie bei Kindern mit Tourette-Syndrom geringer ausgeprägt war (Weng et al. 2017).

Neuropsychologische Befunde

Leichte neurologische Auffälligkeiten, neuropsychologische Defizite und Lernschwierigkeiten finden sich bei etwa 36–60 % der Kinder mit Tourette-Syndrom trotz normaler Intelligenz. Darunter fallen Beeinträchtigungen der Feinmotorik, der visuellen Perzeption und visuomotorischen Integration, der Sprachrezeption und -flüssigkeit, Legasthenie und Dyskalkulie (Como 2005). Beeinträchtigungen der neuropsychologischen Testleistung scheinen nicht durch die Tics, sondern durch die häufig begleitenden psychischen Störungen wie ADHS oder Zwangsstörungen verursacht zu werden (Como 2005). Inwieweit und welche inhibitorischen Defizite (kognitive Kontrolle, Motorik etc.) bei Betroffenen über die Lebensspanne vorliegen, wurde oft untersucht und ergab trotz zahlreicher Hinweise auch hierzu kein einheitliches und damit eindeutiges Bild (vgl. Jackson et al. 2015).

Psychosoziale Faktoren

Es besteht Konsens, dass psychosozialen Faktoren keine primäre ätiologische Bedeutung zukommt, dass sie aber einen modulierenden Einfluss auf den Schweregrad und den Verlauf haben und oft auch Folge der Tic-Störung sein können (Horesh et al. 2008). Generell finden sich häufig Belastungen der Eltern-Kind-Beziehung in den betroffenen Familien. Vor allem elterliche Kritik an misslungenen Versuchen des Kindes die Tics zu kontrollieren sowie beständige Moralisierungen und Schuldzuweisungen, Zuschreibung negativer Rollen, latente oder offene Feindseligkeit oder gar überstrenge Disziplinierungen stehen in einer wechselseitigen Beziehung zu familiären Konflikten, Spannungen und Beziehungsproblemen. Ein derart negativ getöntes Familienklima kann ebenso wie Überbehütung, Schonung und übermäßige Entlastung die Ausbildung psychopathologischer Verarbeitungsformen und sekundärer emotionaler Störungen, möglicherweise aber auch eine Verstärkung der Tic-Symptomatik mitbedingen.
Durch Umgebungsfaktoren kann die Ausprägung von Tics beeinflusst werden kann (Horesh et al. 2008). Zu den Faktoren, die eine Zunahme der Symptome mit sich bringen zählen Ereignisse, die Angst, emotionale Traumata und soziale Kontakte (Silva et al. 1995). Vorrangig psychosozialer Stress kann die Tic-Symptomatik situativ verstärken. Schwierigkeiten im Kontakt zu Gleichaltrigen sind eher auf begleitende ADHS- und Zwangsmerkmale als auf die Tic-Symptomatik zurückzuführen (Rothenberger und Banaschewski 2006). Generell ziehen sich Kinder mit Tics allerdings unabhängig vom Vorhandensein komorbider Störungen stärker zurück, denn zumindest zeitweise werden betroffene Kinder aufgrund ihrer Tics gehänselt und ausgegrenzt.
Abb. 1 zeigt ein funktionales Störungsmodell für Tic-Störungen (Döpfner et al. 2010a). Danach können mitunter externe Auslöser, wie erhöhte Belastungen in der Schule, aber auch Entspannung zu Hause, identifiziert werden. Gelegentlich lassen sich auch interne Auslöser (z. B. Stimmung) finden. Diese externen und internen Bedingungen lösen Tic-Impulse, ein Druckgefühl oder ein anderes unangenehmes Vorgefühl aus. Dieses wird vor allem bei ausgeprägten Tics und von älteren Patienten (Jugendlichen) berichtet. Dem Patienten gelingt es aufgrund seiner mangelhaften motorischen Inhibitionsmöglichkeiten nicht, den Tic zu unterdrücken und es kommt schließlich zur Tic-Reaktion, die mitunter auch in Serien auftritt, also mehrmals wiederholt werden muss. Daraufhin reduziert sich der Tic-Impuls, das unangenehme Vorgefühl, wodurch die Tic-Reaktion negativ verstärkt wird: Der Tic ist also eine zumindest kurzfristig erfolgreiche Möglichkeit, die unangenehmen Spannungsgefühle zu vermindern. Allerdings bleiben auch negative Konsequenzen nicht aus: Die Umwelt kann irritiert oder auf andere Weise negativ reagieren, der Patient entwickelt kurzfristig Schamgefühle und langfristig ein negatives Selbstkonzept. Folgestörungen im emotionalen Bereich stellen sich daher auch häufig ein.

Verlauf

Motorische Tics treten meist erstmals im Alter von 3–8 Jahren mit vorübergehenden Phasen von verstärktem Augenblinzeln oder anderen Bewegungen im Gesichtsbereich auf. Diese Lokalisation bleibt verglichen mit anderen Körperregionen auch bei älteren Patienten am häufigsten betroffen. Nach Tic-freien Perioden von Wochen bis Monaten treten Tics im weiteren Verlauf chronischer Tic-Störungen immer wieder auf und breiten sich typischerweise vom Kopf-Schulter-Bereich zu den Extremitäten und dem Körperstamm aus. Üblicherweise folgen erste vokale Tics wie Räuspern oder Schniefen mit einer Verzögerung von einigen Jahren (Leckman 2003).
In der Mehrzahl der Fälle kommt es im 2. Lebensjahrzehnt (oft synchron mit der Pubertätsentwicklung) zu einer Zunahme der Tics, während um das 20. Lebensjahr eine deutliche Abnahme bis hin zum Sistieren der Tic-Symptomatik zu beobachten ist.
ADHS tritt in der Regel vor dem Beginn der Tic-Symptome auf, Zwangsstörungen entwickeln sich dagegen eher später im Jugendalter. Sowohl eine ADHS als auch Tic-Störungen reduzieren sich im Übergang von Adoleszenz zum Erwachsenenalter, während Zwangsstörungen eher persistieren (Leckman 2003). Die Spontanremissionsraten für chronische einfache/multiple Tics liegen bei 50–70 %, die für das Tourette-Syndrom bei 3–40 % (Coffey et al. 2004). Die schwerste Ausprägung des Tourette-Syndroms ist jedoch im Erwachsenenalter meist bei denjenigen zu finden, die nicht bis zum 20. Lebensjahr remittierten. Entsprechend Betroffene leiden häufig unter anfallsartigen Salven skurril wirkender Ganzkörper-Tics sowie selbstverletzender motorischer Tics wie Schlagen, Kratzen und Beißen und sozial stigmatisierenden, teilweise auch sehr lauten und obszönen Äußerungen (Koprolalie) und Gesten (Kopropraxie).

Diagnostik

Die diagnostischen Maßnahmen bei Tic-Störungen folgen dem Konzept der multiaxialen Diagnostik und umfassen eine multimodale Verhaltens- und Psychodiagnostik (Döpfner und Petermann 2012), eine Diagnostik familiärer und somatischer Bedingungen (einschließlich körperlicher Untersuchung) sowie bei Bedarf auch eine Intelligenz-, Leistungs- und neuropsychologische Diagnostik. Grundlage der Diagnostik ist die klinische Exploration des Patienten, seiner Eltern und bei Bedarf auch anderer Bezugspersonen, z. B. Erzieher, Lehrer, Ausbilder. Sowohl der Patient als auch seine Bezugspersonen werden zur aktuellen Tic-Symptomatik exploriert, z. B. Ausgestaltung, Häufigkeit, Intensität und situativer Bezug der Symptomatik; Beeinflussung der Tic-Symptomatik durch positive/negative Erregungszustände, durch ablenkende oder konzentrative Beschäftigungen oder Tätigkeiten, durch verschiedene soziale Situationen; Wahrnehmung von sich langsam oder schnell aufbauenden sensomotorischen Phänomenen, wie Drang-Gefühlen oder Tic-Impulsen; Ausmaß der mit dem Tic verbundenen Belastungen und Beeinträchtigungen; Selbstkontrollstrategien und Selbsthilfeversuche. Darüber hinaus werden unter anderem Hinweise auf komorbide und auf differenzialdiagnostisch abzugrenzende Störungen und die störungsspezifische Entwicklungsgeschichte exploriert. Die Verhaltensbeobachtung des Kindes/Jugendlichen während der Exploration und in anderen Untersuchungssituationen, z. B. während der obligatorischen körperlichen Untersuchung, gibt zusätzlich Aufschluss über die Tic-Symptomatik und die Fähigkeit Tics zu unterdrücken.
Für die klinische Exploration und die klinische Beurteilung der Tic-Symptomatik stehen verschiedene klinische Checklisten und Beurteilungsverfahren zur Verfügung, z. B. die Checkliste zur Exploration von Tics (Döpfner et al. 2010a) und die Diagnose-Checkliste für Tic-Störungen (DCL-TIC), die Bestandteil des umfassenden Diagnostik-Systems für Psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter nach ICD-10 und DSM-5, DISYPS-III ist (Döpfner und Görtz-Dorten 2017). Ergänzend kann der Interview-Leitfaden für Zwangsspektrum- und Tic-Störungen (ILF-ZWA/TIC; Görtz-Dorten und Döpfner 2019) als strukturiertes Interview genutzt werden. Anhand von Fragebogen- und Beobachtungsverfahren können das Selbsturteil des Patienten sowie das Eltern- und Lehrerurteil erhoben werden, z. B. durch den Fremdbeurteilungsbogen und den Selbstbeurteilungsbogen für Tic-Störungen (FBB-TIC/SBB-TIC), die Bestandteil von DISYPS-III sind. Die Yale-Tourette-Syndrom-Symptomliste (YTSSL) in der Übersetzung von Steinhausen (2002) dient der täglichen Beurteilung der Symptomhäufigkeit von Tics.

Therapie

Indikationen für eine multimodale Therapie

Die Behandlung der Tic-Symptomatik orientiert sich an der Stärke und dem Chronifizierungsgrad der Tics, dem Vorliegen komorbider Störungen, den Ressourcen des Patienten und seines Umfeldes und wird daher auf die individuellen Bedingungen zugeschnitten. Bei schwereren und chronifizierten Formen ist in der Regel eine multimodale Behandlung indiziert.
Eine Beratung und Verlaufskontrolle sind bei isolierter milder, nicht chronifizierter Tic-Symptomatik indiziert, da es sich häufig um eine passagere Symptomatik handelt und deshalb zunächst keine weiteren Interventionen indiziert sind. Der Einfluss von Belastungen auf die Tic-Symptomatik sollte eruiert werden. Hieraus können sich allgemeine Hinweise zum Stressabbau für den Patienten ergeben.
Eine primäre Therapie komorbider Störungen bzw. weiterer Belastungen sollte angestrebt werden, wenn diese im Vordergrund der Problematik stehen und die Tic-Symptomatik im Vergleich dazu relativ schwach ausgeprägt ist, beispielsweise bei einer ausgeprägten hyperkinetischen und einer sehr diskreten Tic-Symptomatik. Eine primäre Therapie der komorbiden Störungen oder weiterer Belastungen ist auch dann indiziert, wenn diese vermutlich wesentlich zur Aufrechterhaltung der Tic-Symptomatik beitragen, selbst wenn die Tic-Symptomatik im Vordergrund steht (z. B. eindeutige schulische Überforderung). Sind komorbide Störungen oder weitere Belastungen vermutlich hauptsächlich Folge der Tic-Symptomatik, dann ist deren primäre Therapie meist kontraindiziert.
Eine primäre symptomzentrierte verhaltenstherapeutische Intervention ist indiziert, wenn die Tic-Symptomatik mit einer deutlichen psychosozialen Beeinträchtigung einhergeht, wenn sie länger als 6 Monate andauert und eine mittlere Intensität hat oder wenn sie auf wenige (auch intensive) Tics begrenzt ist und eine Bereitschaft für eine aktive Mitarbeit im Rahmen einer Verhaltenstherapie vorliegt. Unter diesen Bedingungen sind die Chancen für eine erfolgreiche verhaltenstherapeutische Intervention relativ gut, weil Tics von geringerer oder mittlerer Intensität und wenige Tics in der Regel leichter kontrollierbar sind. Eine weitere Indikation ist die fehlende Compliance für eine eigentlich notwendige medikamentöse Therapie. Eine relative Kontraindikation für verhaltenstherapeutische Interventionen als alleinige Methode zur Behandlung einer Tic-Störung ist die Notwendigkeit einer sehr schnellen Symptomminderung (z. B. wegen sehr hohen Leidensdrucks).
Die Indikation für eine primäre Pharmakotherapie ist gegeben, wenn die Indikationskriterien für eine primäre Verhaltenstherapie nicht zutreffen. Die Tic-Symptomatik sollte eine hohe Intensität haben und aus vielen und eher komplexen Tics bestehen. In solchen Fällen ist nach klinischen Erfahrungen ein primär verhaltenstherapeutischer Ansatz weniger erfolgversprechend. Außerdem ist Pharmakotherapie indiziert, wenn eine sehr schnelle Symptomminderung (z. B. wegen zu hohen Leidensdrucks) dringend erforderlich ist, was durch eine Verhaltenstherapie in der Regel nicht erreicht werden kann oder wenn eine unzureichende Bereitschaft für eine primär indizierte Verhaltenstherapie besteht. Schließlich wird auch dann eine Pharmakotherapie eingeleitet, wenn eine primär durchgeführte Verhaltenstherapie keine oder unzureichende Symptomminderungen erbrachte, eine Fortsetzung der verhaltenstherapeutischen Interventionen nicht als hilfreich eingeschätzt wird und weiterhin eine hinreichend behandlungsbedürftige Symptomatik besteht.
Eine Kombination von Pharmako- und Verhaltenstherapie ist indiziert, wenn bei primärer Indikation von Pharmakotherapie bzw. Verhaltenstherapie durch diese allein, keine hinreichende Symptomminderung erreicht werden konnte. Hat die Primärtherapie zu einer Minderung der Symptomatik beigetragen, dann ist eine Kombination beider Therapien unter Fortführung der Primärtherapie sinnvoll. Hat sich dagegen die Primärtherapie als nicht hilfreich erwiesen, dann wird diese beendet und die alternative Pharmako- bzw. Verhaltenstherapie durchgeführt.
Meistens erreicht man durch bestmögliche psychotherapeutische und/oder pharmakologische Interventionen keine vollständige Remission der Tics. Dies ist auch nicht das primäre Therapieziel, sondern ein für Patient und/oder Familie annehmbares Gleichgewicht aus Therapienutzen (Reduktion der Tics) und -kosten (z. B. Aufwand für Verhaltenstherapie, Nebenwirkungen der Pharmakotherapie). Zielparameter sollte daher das Erreichen einer ausreichenden Lebensqualität sein. Begleitende Symptome, die vermutlich primär Folge der Tic-Symptomatik sind und sich nicht mit der symptomzentrierten Behandlung der Tics vermindern, sollten im Anschluss an oder in Ergänzung zu einer symptomzentrierten Therapie der Tics behandelt werden. Ausschließlich intrapsychisch orientierte Interventionen (tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, non-direktive Spiel- oder Gesprächspsychotherapie) sind zur Behandlung der Tic-Symptomatik nicht ausreichend und daher nicht indiziert. Es liegen keine hinreichend belegten Forschungsbefunde über die Wirksamkeit intrapsychisch orientierter Interventionen zur Behandlung von Tic-Symptomen vor.

Psychoedukation und Psychotherapie

Psychoedukation

Am Anfang jeder Intervention steht eine umfassende Psychoedukation mit ausreichender Information aller Beteiligten über die Tic-Störung, ihre vermutlichen Ursachen, den weiteren Verlauf und die Behandlungsoptionen. Dazu gehört auch der Hinweis auf die entlastenden und stützenden Möglichkeiten der Selbsthilfegruppen der Tourette-Gesellschaft Deutschland e. V. (www.tourette-gesellschaft.de). Die Psychoedukation bietet durch gezielte Informationen über Hintergründe, Behandlungsmöglichkeiten und Prognose der Störung eine emotionale Entlastung für Kind/Jugendlichen und Familie, was zu einer Minderung der Tics führen kann.

Verhaltenstherapie

Bisher wurden in unterschiedlichen Altersstufen verschiedene verhaltenstherapeutische Techniken bzw. deren Kombination mit unterschiedlichem Erfolg zur Reduktion der Tic-Symptomatik eingesetzt:
  • Selbstbeobachtung (tägliches Protokollieren der Tics),
  • Kontingenzmanagement (Belohnungen für das Kontrollieren der Tics),
  • Entspannungstraining (Muskelrelaxation, Atemübungen, autogenes Training),
  • Kombinationsbehandlung der Reaktionsumkehr (isometrisches Anspannen der den Tic-Bewegungen entgegengesetzten Muskelgruppen) und
  • Exposition mit Reaktionsverhinderung (Tic-Impulse aushalten).
Eine weitere Technik, die der massierten negativen Übung, bei welcher der Patient, die Tic-Bewegung so rasch und kraftvoll wie möglich etwa 15–30 Minuten lang pro Tag durchführen soll, konnten sich in der Verhaltenstherapie nicht durchsetzen, weil sowohl positive als auch negative Effekte in kleineren Studien berichtet wurden (vgl. Azrin und Peterson 1988).
Die Selbstbeobachtung der Tic-Symptomatik kann bereits zu einer Symptomreduktion führen, vermutlich aufgrund der aversiven Komponente der Bewusstmachung der Tic-Reaktion. Die positiven Effekte von Selbstbeobachtung wurden in mehreren Fallstudien belegt (z. B. Peterson und Azrin 1992). In mehreren Einzelfallstudien wurden die positiven Effekte von Methoden des Kontingenz-Managements – der positiven Verstärkung reduzierter Tic-Raten, der Nichtbeachtung (Löschung) einzelner Tic-Reaktionen oder der Durchführung negativer Konsequenzen nach Tic-Reaktionen – zur Verminderung der Tics belegt.
Aufgrund des bekannten modulierenden Einflusses von Stress auf die Tic-Symptomatik liegt die Vermutung nahe, dass die stressreduzierende Wirkung von Entspannungsverfahren auch die Tic-Symptomatik positiv beeinflussen kann. Generell werden als Wirkmechanismen der Entspannungstechniken die Verminderung angst- und stresserzeugender Gedanken durch die Induktion von damit inkompatiblen angenehmen Wahrnehmungen und Empfindungen angenommen. Dadurch sollen sie Coping-Fähigkeiten im aktuellen Umgang mit situationsspezifischer Ängstlichkeit, Stress, Anspannung und begleitender physiologischer Erregung verbessern. Die am häufigsten angewandte Technik der progressiven Muskelrelaxation beruht auf systematischem Wechsel zwischen An- und Entspannung ausgewählter Muskelgruppen für jeweils etwa 15 Sekunden. Wichtig hierbei ist die Konzentration auf die dabei erzeugten Empfindungen.
Verschiedene Formen des Entspannungstrainings, vor allem progressive Muskelentspannung, gelegentlich auch Atemtechniken oder Techniken des autogenen Trainings, wurden häufig als Komponenten einer multimodalen Behandlung eingesetzt. In acht Studien, die unter anderem solche Methoden bei Patienten mit Tourette-Syndrom verwendeten, konnte die Tic-Frequenz durch das Behandlungsprogramm insgesamt reduziert werden. Insgesamt scheinen Entspannungsverfahren für eine relativ kurze Zeit eine Symptomverminderung zu bewirken (vgl. Azrin und Peterson 1988). In einer randomisierten Kontrollgruppenstudie konnten keine nachhaltigen Effekte eines isolierten Entspannungstrainings gefunden werden (Bergin et al. 1998). Ressourcenaktivierende Interventionen, die nicht die Tic-Symptome fokussieren, sondern Patienten und Eltern dazu anleiten, die eigenen Stärken zu erkennen, das eigene Wohlbefinden zu steigern und positive Interaktionen fördern, wurden ebenfalls eingesetzt und es konnte auch Symptomminderung im Verlauf solcher Interventionen belegt werden (Viefhaus et al. 2019)
Azrin und Nunn (1973) entwickelten eine Kombinationsbehandlung, die sie als Reaktionsumkehr oder Gewohnheitsumkehr (Habit Reversal) bezeichnen und die aus fünf Komponenten besteht:
1.
Selbstwahrnehmungstraining,
 
2.
Entspannungstraining,
 
3.
Training inkompatibler Reaktionen,
 
4.
Kontingenzmanagement,
 
5.
Generalisierungstraining.
 
Durch ein Training der Selbstwahrnehmung werden die Sinne des Patienten für seine Tics und deren Beeinflussbarkeit durch innere und äußere Reize geschärft und damit die Grundlage für das Training inkompatibler Reaktionen gelegt, in dem eine Gegenreaktion als Gegenregulation zu den Tics entwickelt wird. Zusätzlich soll ein Entspannungstraining (z. B. progressive Muskelrelaxation) zur Stressreduktion und möglicherweise auch zur verbesserten Körperwahrnehmung beitragen. Die positive Verstärkung der einzelnen Behandlungsschritte und der Teilerfolge soll die Motivation des Patienten fördern und zur Symptomminderung beitragen. Das Selbstwahrnehmungstraining besteht aus mehreren Komponenten. Der Patient wird zur Selbstbeobachtung angeleitet und trainiert, Vorboten einer Tic-Reaktion (Impulse, sensomotorische Vorgefühle) und die Tic-Reaktion selbst bewusst wahrzunehmen und auch die situativen Einflüsse auf die Tic-Häufigkeit wahrzunehmen.
Kern des Behandlungsprogramms ist das Training inkompatibler Reaktionen. Dabei wird eine Gegenreaktion zu einem Tic eingeübt, um die Ausführung des Tics zu verhindern. Diese muskuläre Gegenreaktion
  • sollte der Tic-Bewegung entgegen gerichtet sein,
  • sollte für 1–2 Minuten aufrecht erhalten und
  • weitgehend unauffällig durchgeführt werden können und sich in gerade ausgeübte Aktivitäten eingliedern lassen.
Bei den meisten motorischen Tics kann als inkompatible Reaktion die isometrische Anspannung der Antagonisten ausgewählt werden, also jener Muskelgruppen, die entgegen der Tic-Bewegung arbeiten. Der Patient spannt diese Muskelgruppen gerade so stark an, dass die Tic-Bewegung nicht durchgeführt werden kann, selbst wenn er willentlich die Tic-Bewegung auszuführen versucht. Vokale Tics sind schwerer zu behandeln. Als Gegenbewegung kann z. B. bewusstes, langsames Ein- und Ausatmen eingesetzt werden.
Reaktionsumkehr (Habit Reversal) ist auch Kern des Therapieprogramms für Kinder und Jugendliche mit Tic-Störungen (THICS; Woitecki und Döpfner 2015), das jedoch noch weitere Bausteine, beispielsweise zur Problemdefinition, zur Psychoedukation, zur Verminderung symptomaufrechterhaltender Belastungen enthält.
Bausteine des Therapieprogramms für Kinder und Jugendliche mit Tic-Störungen (THICS, Woitecki und Döpfner 2015)
  • Baustein 1 Problemdefinition und Erhebung der Störungskonzepte
  • Baustein 2 Psychoedukation und Entwicklung eines gemeinsamen Störungs- und Behandlungskonzeptes
  • Baustein 3 Verminderung symptomaufrechterhaltender Belastungen
  • Baustein 4 Ressourcenaktivierung und Stärkung der therapeutischen Beziehung
  • Baustein 5 Bewältigung negativer Reaktionen des Umfeldes
  • Baustein 6 Selbstwahrnehmungstraining
  • Baustein 8 Training der Gegenbewegung
  • Baustein 9 Bewältigung residualer Tic-Symptome
  • Baustein 10 Einbeziehung der Lehrer
Bevor die spezifischen Techniken der Reaktionsumkehr (Bausteine 6 bis 8) zur Anwendung kommen, sollten Störungskonzepte und die bisherige Störungsbewältigung mit dem Patienten und der Familie thematisiert und bearbeitet werden (Bausteine 1 und 2). Ziel ist es, inadäquate Störungskonzepte beim Patienten und den Bezugspersonen abzubauen (etwa, dass die Symptomatik willkürlich eingesetzt werde und Ausdruck von Aggressionen gegenüber Familienmitgliedern darstelle) und das komplexe Zusammenspiel organischer und psychischer Faktoren zu erarbeiten. Diese psychoedukativen Interventionen können auch durch Ratgeber unterstützt werden (Döpfner et al. 2010b). Da Belastungen Tics wesentlich verstärken können, sind Interventionen zur Verminderung solcher symptomaufrechterhaltender Belastungen (Baustein 3) angezeigt und ebenso Methoden der Ressourcenaktivierung und der Stärkung der therapeutischen Beziehung (Baustein 4), da die Patienten in der Regel sehr stark unter der Symptomatik leiden. Interventionen zur Bewältigung negativer Reaktionen des Umfeldes (Baustein 5), sollten vor allem bei Patienten früh eingesetzt werden, die stark unter solchen negativen Reaktionen leiden.
Die Wirksamkeit des Habit-Reversal-Trainings ist mittlerweile gut belegt (vgl. Döpfner und Rothenberger 2007). Seit den ersten Ansätzen von Azrin und Mitarbeitern (Azrin und Nunn 1973) wurden mehr als 100 Wirksamkeitsstudien veröffentlicht, die in mehreren Übersichtsarbeiten zusammenfassend beurteilt wurden (Azrin und Peterson 1988; Carr und Chong 2005; Peterson et al. 1994; Piacentini und Chang 2005). Peterson und Mitarbeiter (1994) kommen bei ihrer Übersichtsarbeit von Habit-Reversal-Studien zu dem Schluss, dass das komplette Habit-Reversal-Training zu einer Reduktion der Tic-Symptomatik von bis zu 90 % im familiären Rahmen und bis zu 80 % in klinischen Beobachtungssituationen führen kann. Leider sind die Daten mit einigen methodischen Unzulänglichkeiten behaftet und Follow-up-Erhebungen lassen die Aussagekraft der Studien kritisch hinterfragen. Piacentini et al. (2010) verglichen Reaktionsumkehr mit einem Selbstwahrnehmungstraining bei 25 Kindern und Jugendlichen mit Tourette-Syndrom und fanden, dass das vollständige Reaktionsumkehrverfahren eine signifikante Verminderung der Tic-Symptomatik bewirkte, die auch noch drei Monate nach Behandlungsende nachweisbar war. Die Ergebnisse einer groß angelegten multizentrischen Studie in den USA (Comprehenisve Behavioral Interventions for Tics Study, CBITS) belegen eine deutlich stärkere Verminderung der Tic-Symptomatik durch Reaktionsumkehr (10 Sitzungen) im Vergleich zu einer allgemeinen Psychoedukation und supportiven Psychotherapie. Global wurde unter der verhaltenstherapeutischen Intervention bei 52 % zumindest eine deutliche Verbesserung der Symptomatik gefunden, im Vergleich zu 19 % bei supportiver Psychotherapie (Piacentini et al. 2010). In Deutschland wurden erfolgreiche Therapien mit Reaktionsumkehr zunächst in Einzelfallanalysen und Kasuistiken beschrieben (z. B. Döpfner 1996; Döpfner und Reister 2000). Woitecki und Döpfner (2011, 2012) und Viefhaus et al. (2018) konnten anhand von Eigenkontrollgruppen-Design deutliche Veränderungen sowohl der Tic-Symptome als auch komorbider Auffälligkeiten im Verlauf der Therapie mit dem Therapieprogramm THICS (siehe oben) belegen.
Modifikationen des Habit-Reversal-Trainings, die Piacentini und Chang (2005) beschreiben, bestehen darin, dass die Tics nicht vollständig unterdrückt werden, sondern gelernt wird, die Tics in verringerter Intensität und sozial unauffälliger Weise auszuführen. Dies kann vor allem dann indiziert sein, wenn die Patienten sich nicht in der Lage fühlen, die Tics komplett zu unterdrücken. Eine ähnliche Strategie wird von Evers und van de Wetering (1994) beschrieben, nach der ähnlich wie bei der Reaktionsumkehr zunächst die Wahrnehmung spezifischer sensomotorischer Vorgefühle trainiert wird, um dann basierend auf Übungen der progressiven Muskelrelaxation alternative, sozial akzeptablere Reaktionen zum Abbau der Anspannung einzusetzen.
Hoogduin und Mitarbeiter (1997) verwendeten Exposition und Reaktionsverhinderung als Erweiterung zum Habit-Reversal-Training bei vier Patienten. Die Patienten wurden dazu angeleitet, die körperlichen Anzeichen eines Tics wahrzunehmen und auszuhalten, ohne einen Tic-Impuls folgen zu lassen. Die Unterdrückung des Tic-Impulses stand dabei im Vordergrund. Theoretisch sollen die Patienten durch das Aushalten der körperlichen Anzeichen darauf habituieren. Die Patienten werden dazu angehalten, den Tic immer länger zu unterdrücken. Wenn der Patient dann in der Lage ist unter ständiger Beobachtung und Ermunterung durch den Therapeuten ca. 120 Minuten das Ausführen von Tics zu unterdrücken, wird der Patient Tic-induzierenden Stimuli (z. B. Gegenständen, Vorstellungen, Situationen) ausgesetzt mit dem Ziel, trotzdem die Ausführung der Tics zu verhindern. Während sich in den ersten Therapiestunden die Beobachtung mehr auf die Dauer der Periode ohne Tics richtet, wird später die Anzahl der Tics protokolliert. Zudem stehen die sensomotorischen Vorgefühle im Mittelpunkt. Sie sollen ohne Ausführung eines Tics erträglich werden, indem der Patient auf die negativen Sensationen habituiert wird und dadurch keine Tics mehr ausführen muss. Verdellen und Mitarbeiter (2004) verglichen die Wirksamkeitseffekte von Exposition und Reaktionsverhinderung mit Habit Reversal bei 43 Tic-Patienten im Alter zwischen 3 und 18 Jahren. Beide Ansätze zeigten statistisch signifikante Verminderungen der Tic-Symptomatik, allerdings ohne statistisch signifikanten Unterschied zwischen beiden therapeutischen Ansätzen.

Pharmakotherapie

Trotz des vielfach belegten Wirksamkeitsnachweises der Pharmakotherapie bei Tic-Störungen ist die Datenlage zu allen medikamentösen Therapieempfehlungen verglichen mit anderen Störungsbildern eher gering (z. B. offene Studien, kleine Gruppengrößen). Vor allem fehlen Studien mit direkten Vergleichen einzelner Substanzen, aber auch Studien zur Effektivität einzelner Substanzen bei verschiedenen Symptomkonstellationen (z. B. Art und Schwere der einzelnen Tics, Komorbiditäten) und Studien zur Komedikation (z. B. im Sinne einer Augmentation oder aufgrund von Komorbiditäten) fehlen noch immer (Rothenberger und Roessner 2018; Mogwitz et al. 2018).
Die große Vielzahl von eingesetzten Substanzen spiegelt das Dilemma wider, dass die einzelne Substanz sehr oft keine ausreichende oder gar komplette symptomatische Reduktion der Tics bzw. zu starke Nebenwirkungen erzeugt. Weltweit werden vor allem Dopamin-Rezeptorantagonisten (z. B. Tiaprid, Aripiprazol, Risperidon) sowie die noradrenergen Agonisten Clonidin und Guanfacin verschrieben (Weisman et al. 2013).
Benzamide werden vor allem in Europa eingesetzt werden (Roessner et al. 2011). Tab. 2 gibt einen Überblick über die verwendeten Substanzen und ihre Wirksamkeit.
Tab. 2
Überblick über Substanzen und ihre Wirksamkeit (vgl. Döpfner et al. 2010)
Medikation
Indikation
Start-Dosis
(mg)
Dosisbereich
(mg)
UAW
(häufig)
Kontrolluntersuchungen
Evidenz
Adrenerge Agonisten
Clonidin
ADHS, TS
0,05
0,1–0,3
Blutdruck, EKG(evtl. Wachstumshormon)
A
Guanfacin
ADHS, TS
0,5–1,0
1–4
Orthostatische Hypotonie, Sedierung
Blutdruck, EKG
A
Neuroleptika (typische)
 
Haloperidol
TS
0,25–0,5
0,25–15
EPS, Sedierung, Benommenheit, Appetitsteigerung
Differenzialblutbild, EKG (wg. QTc-Verlängerung), Körpergewicht, Leberwerte, neurologischer Status, Prolaktin
A
Pimozid
TS
0,5–1,0
1–6
EPS, Sedierung, Appetitsteigerung, Benommenheit
Differenzialblutbild, EKG (wg. QTc-Verlängerung), Körpergewicht, Leberwerte, neurologischer Status, Prolaktin
A
Neuroleptika (atypische)
 
Risperidon
TS, DBD
0,25
0,25–6
Sedierung, EPS, orthostatische Hypotonie, Appetitsteigerung
Blutdruck, Blutfette, Differenzialblutbild, EKG (wg. QTc-Verlängerung), Körpergewicht, Leberwerte, Prolaktin, Serumelektrolyte
A
Aripiprazol
TS
5,0
5,0–30
Kopfschmerz, Schlaflosigkeit, Agitation
Blutdruck, Differenzialblutbild, EKG (wg. QTc-Verlängerung), Leberwerte, Prolaktin (reduziert), Serumelektrolyte
C
Benzamide
 
Sulpirid
TS, OCB, EMOT
2 mg/kg
2–10 mg/kg
Schlafstörung, Agitiertheit, Appetitsteigerung
Differenzialblutbild, Körpergewicht, Leberwerte, Prolaktin, Serumelektrolyte, (EKG, Brustdrüse)
B
Tiaprid
TS
2 mg/kg
2–10 mg/kg
Sedierung, Appetitsteigerung
Differenzialblutbild, Körpergewicht, Leberwerte, Prolaktin, Serumelektrolyte, (EKG, Brustdrüse)
B
DBD (disruptive behaviour disorder): Impulskontrollstörungen; OCB (obsessvie-compulsive behaviour): Zwangsmerkmale; TS Tic-Störungen; EMOT emotionale Störung; UAW unerwünschte Arzneimittelwirkung; EPS extrapyramidale Symptomatik; Evidenzstufen entsprechend (Baving und Schmidt 2001): A (≥2 kontrollierte, randomisierte Studien), B (1 kontrollierte, randomisierte Studie) und C (offene Studien und Kasuistiken)

Dopaminerge Substanzen

Aufgrund der lang bekannten Wirksamkeit der Dopamin-Rezeptorantagonisten wurde immer wieder geforscht, ob eine dopaminerge Überfunktion bei Betroffenen nachweisbar ist. Die Dopamin-Rezeptorantagonisten sind bei fast allen Betroffenen in der Lage, Häufigkeit und Schweregrad der Tics zu verringern (in durchschnittlich 70 % der Fälle in erheblichem Umfang). Besonders die Blockade der Dopamin-2-Rezeptoren im Striatum wird als zentral für die Wirksamkeit bei Tourette-Syndrom angesehen. Die Wahl des Dopamin-Rezeptorantagonisten sollte sich an den derzeit verfügbaren Erfahrungswerten zur durchschnittlichen Wirksamkeit orientieren. Dabei muss auch das zu erwartende Profil der Nebenwirkungen beachtet werden (z. B. Sedierung, depressive Verstimmungen, kognitive Einschränkungen und extrapyramidal-motorische Symptome (EPS), wie z. B. akute oder tardive Dyskinesien). Da hier nur von Wahrscheinlichkeiten ausgegangen werden kann, muss im Einzelfall immer eine sorgfältige Beobachtung von Wirkung und Nebenwirkungen, eine darauf basierende Titrierung und gegebenenfalls ein. Wechsel der Substanz erfolgen. Im klinischen Alltag wurden konventionelle Neuroleptika, wie Haloperidol und Pimozid, schrittweise durch die atypischen Neuroleptika wie Tiaprid, Risperidon und neuerdings auch Aripiprazol verdrängt. Tab. 2 gibt eine Übersicht zu den einzelnen Substanzen, zu ihrer Indikation sowie ihrem Evidenzgrad entsprechend der Definitionen nach Baving und Schmidt (Baving und Schmidt 2001).

Konventionelle Neuroleptika

In Deutschland ist Haloperidol als einzige Substanz zur Behandlung von Tic-Störungen zugelassen und dies bereits für Kinder ab dem 3. Lebensjahr. Pimozid wurde als mögliche Alternative aufgrund seines geringeren Risikos für EPS bei in etwa identischer Wirksamkeit oft untersucht und in einigen Ländern bevorzugt eingesetzt (Ross und Moldofsky 1978). Der Nutzen von Haloperidol, Pimozid und weiterer konventioneller Neuroleptika ist trotz guter Wirkung im Sinne einer Tic-Reduktion durch die häufiger auftretenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen von EPS bis hin zum sog. Tourettismus (Rothenberger 1991) begrenzt. Aber auch Akathisie (Weiden und Bruun 1987) und die sehr selten zu beobachtenden, tardiven Dyskinesien bei Patienten mit Tic-Störung speisen die Bedenken bezüglich. der Behandlung mit klassischen Neuroleptika (Silva et al. 1993). Häufiger tritt zudem ängstlich-depressives Verhalten (z. B. starke Schüchternheit, Unlust, Schulverweigerung, Rückzugsverhalten) auf (Bruun 1988; Linet 1985) und muss dann differenzialdiagnostisch von Ängsten/Depressivität aufgrund der Tics bzw. als Komorbidität abgegrenzt werden.

Benzamide

Obwohl sowohl seit etwa 1970 im klinischen Alltag als auch in Übersichtsarbeiten (Robertson und Stern 2000) die Erfahrung wiedergegeben wird, dass die Benzamide Tiaprid und Sulpirid wegen ihres sehr guten Verhältnisses von Wirksamkeit zu Verträglichkeit besonders zur Behandlung der Tics zu empfehlen sind, existieren leider kaum Studien, die diesen breiten Erfahrungsschatz mit Evidenz unterstreichen. Dennoch wird z. B. Tiaprid in den Leitlinien der Deutschen Kinder- und Jugendpsychiatrie (Rothenberger et al. 2007) und in Übersichtsarbeiten (z. B. Roessner et al. 2008) als Mittel der 1. Wahl bei Tic-Störungen genannt. Anfänglich kann leichte Müdigkeit auftreten (meist bei zu schneller Eindosierung, bei höherer Dosierung evtl. auch längerfristig), wobei ein Teil der Kinder und Jugendlichen unter der Medikation mit Tiaprid zwar tagsüber keine Beeinträchtigung ihrer körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit verspürt, dann allerdings relativ rasch müde wird, wenn sie sich abends von den Aktivitäten zurückziehen. Auch gehen sie dann früher als sonst zu Bett, was vielfach ein erwünschter Effekt ist, da sich vorher bestehende Schlafstörungen bessern. Als weitere unerwünschte Arzneimittelwirkungen werden Gewichtszunahme aufgrund Appetitanregung und in Einzelfällen auch Lustlosigkeit mit Rückzugsverhalten sowie Gynäkomastie mit Galaktorrhö (eher bei Mädchen) beobachtet. Bei Mädchen kann es auch zu Zyklusunregelmäßigkeiten kommen. Selten berichten Patienten von Kopfschmerzen und sind vorübergehende Erniedrigungen der Leukozyten zu beobachten.
Zusammengefasst kommt vor allem Tiaprid seit Jahrzehnten erfolgreich zur Behandlung von Tic-Störungen zum Einsatz und besitzt ein sehr günstiges Nutzen-Risiko-Profil. Es wird daher trotz geringer Evidenzlage weiterhin zur Behandlung von Tic-Störungen als Medikament 1. Wahl empfohlen, da es gut wirksam, leicht zu handhaben, gut verträglich und somit ein sicheres Medikament ist (Muller-Vahl 2007). Als ein seltenes Problem kann ein Wirkungsverlust im Verlauf von Monaten bis Jahren auftreten, der nicht immer durch eine Dosiserhöhung ausgeglichen werden kann. Dann ist der Wechsel auf ein anderes Medikament angeraten.
Auch bei Sulpirid treten, wie bei vielen anderen Antipsychotika, zu Beginn der Einnahme manchmal Benommenheit, Müdigkeit und eher selten depressive Verstimmung auf (Sandor 2003). Sulpirid wurde besonders beim gemeinsamen Vorliegen von Zwangssymptomen und Tic-Störungen empfohlen (Roessner et al. 2008; Rothenberger und Roessner 2018), da es nach klinischer Erfahrung auch bei Zwangsstörungen ohne begleitende Symptomatik wie z. B. Tics positive Wirkung zeigte. In der einzigen doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie zu diesem Thema konnte diese Einschätzung allerdings nicht bestätigt werden: Zwar wurde bei 11 Erwachsenen eine Minderung der Tic-Symptomatik, nicht aber der Zwangssymptome unter Sulpirid beobachtet (George et al. 1993). Dem entgegen steht allerdings die rein klinische Erfahrung vieler Experten, die immer wieder in Veröffentlichungen berichtet wird (Farag et al. 2015).

Atypische Neuroleptika

Atypische Neuroleptika zeigen bei vergleichbarer Wirksamkeit allgemein weniger Nebenwirkungen (insbesondere extrapyramidale Symptome und Spätdyskinesien) als konventionelle Neuroleptika bei der Behandlung von Psychosen. Allerdings wird in den letzten Jahren vor allem bei längerer Einnahme das Risiko metabolischer Veränderungen und deren Langzeitfolgen diskutiert (Orsolini et al. 2016). Dennoch haben diese Substanzen weltweit Haloperidol und Pimozid als Goldstandard bei der Behandlung der Tic-Störungen verdrängt (Mogwitz et al. 2018).
Bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen wurden typische Neuroleptika vor allem durch das atypische Neuroleptikum Risperidon mit hoher Affinität sowohl zu Dopamin-2- als auch zu 5-HT2-Rezeptoren abgelöst, da es eine mit der von Haloperidol und Pimozid vergleichbare Effektivität bei der Behandlung der Tic-Störungen zeigt, dabei aber weniger bzw. seltener Nebenwirkungen auftreten. Die häufigsten sind Sedierung (meist zu Beginn bei Eindosierung), erhöhter Appetit, oft gefolgt von einer Gewichtszunahme (Gilbert et al. 2004), und ein erhöhter Prolaktinspiegel. Obgleich EPS auftreten können (in der Regel erst bei Dosierungen über 4 mg/d), treten diese deutlich seltener als bei Medikation mit Haloperidol oder Pimozid auf. Bei prädisponierten Personen können während der Behandlung mit Risperidon zudem Gereiztheit und Depressivität auftreten (Margolese et al. 2002). Auch wenn Risperidon bisher nicht zur Behandlung der Tics zugelassen ist, so ist es doch zumindest unter Aspekten der Verträglichkeit aufschlussreich, dass in Deutschland und anderswo eine Zulassung ab dem Alter von 5 Jahren vorliegt, die den Bereich der Impulskontrollstörungen (DBD, disruptive behavior disorder) beinhaltet. Ein weiterer positiver Effekt ist die Reduktion von begleitenden Zwangssymptomen (Bruggeman et al. 2001), die gut zu den gefundenen positiven Effekten von Risperidon bei Patienten mit einer Zwangsstörung passen, z. B. positiver Effekt auf Zwänge bei Augmentation der Behandlung mit SSRI (Dold et al. 2015).
Vor allem aufgrund des günstigeren Profils an unerwünschten Arzneimittelwirkungen verglichen mit Risperidon bei gleicher Wirksamkeit hat sich inzwischen Aripiprazol als wichtige Behandlungsalternative für Tics bei nur minimalem Risiko einer inakzeptablen Gewichtszunahme entwickelt. Es wird (anders als in vielen anderen europäischen Ländern) in Deutschland von Experten nur aufgrund der kürzeren Erfahrung und des höheren Preises noch nicht als das einzige Mittel der 1. Wahl eingesetzt (Mogwitz et al. 2018). Aripiprazol nimmt eine Sonderstellung ein, da es einen besonderen Wirkmechanismus besitzt (zusätzlich noch partieller Agonist am Dopamin-D2-Rezeptor) und in vielen medikamentös nur unzureichend zu behandelnden Fällen eine deutliche Verbesserung der Tic-Symptomatik bei dem beschriebenen günstigen Wirkungs-Nebenwirkungs-Profil erbrachte. Am häufigsten wird eine vorübergehende, leichte Sedierung als unerwünschte Arzneimittelwirkung berichtet. Zusätzlich finden sich Benommenheit, Schläfrigkeit, Akathisie, Tremor, verschwommenes Sehen, Kopfschmerzen und gastrointestinale Symptome. Zwischen der Behandlung mit Aripiprazol und Placebo fanden sich bezüglich einer Gewichtsveränderungen keine Unterschiede. Neben den genannten Substanzen wurden noch weitere atypische Neuroleptika bei Tic-Störungen eingesetzt, obwohl deren Vorteile sowohl generell als auch bei therapierefraktären Fällen nicht erkennbar sind (Macerollo et al. 2016).

Noradrenerge Substanzen

Das im amerikanischen Raum lange präferierte und noch immer für die Behandlung von Tic-Störungen empfohlene Clonidin führte zu teilweise widersprüchlichen Ergebnissen in klinischen Studien. In einer der größten Studie bei Kindern und Jugendlichen zeigte Clonidin im Vergleich zu Placebo eine deutliche Besserung der Tic- Symptomatik. Als einzige, nennenswerte Nebenwirkung bei den 136 Kindern und Jugendlichen fand sich ein sedierender Effekt (Tourette Syndrome Study Group 2002). Allgemein geht man davon aus, dass sich bei der Behandlung mit Clonidin motorische Tics tendenziell deutlicher bessern als vokale Tics (Kuperman 2003) und dass Nebenwirkungen mit zunehmendem Alter seltener auftreten (Lichter und Jackson 1996). Durch eine Medikation mit Clonidin werden neben den Tics zudem Aufmerksamkeitsprobleme, Ängstlichkeit und Einschlafstörungen positiv beeinflusst (Sandor 2003). Problematisch erwiesen sich einzelne Fälle, in denen eine Zunahme der Tics zu beobachten war (Kessler 2001).
Die Wirkung von Clonidin auf das Herz-Kreislauf-System führt sowohl allgemein als auch bei kurzfristigen Dosisänderungen zu Komplikationen, wie beispielsweise Blutdruckveränderungen, Rhythmusstörungen. Bei regelhafter Einnahme von Clonidin waren keine EKG-Veränderungen zu beobachten (Kofoed et al. 1999). Ernsthafte Nebenwirkungen bis hin zu plötzlichen Todesfällen wurden vor allem bei hoher Dosierung bzw. bei Kombinationsbehandlung mit verschiedenen Psychopharmaka (z. B. Methylphenidat) vereinzelt beobachtet (Cantwell et al. 1997). Bei bekannten Risikofaktoren sollte Clonidin daher erst nach einer umfassenden kardiologischen Diagnostik verordnet werden (Levy 1998). Unter Clonidin wurde zudem ein verminderter Anstieg des Wachstumshormons bei Patienten mit Tourette-Syndrom festgestellt (Muller et al. 1994).
Im Gegensatz zur Stimulation präsynaptischer Alpha-2-Adrenozeptoren wird angenommen, dass Guanfacin durch selektivere blockierende Bindung an postsynaptische Alpha-2-Adrenozeptoren im präfrontalen Kortex die zentrale, noradrenerge Aktivität moduliert. Aufgrund seiner eventuell besseren Verträglichkeit (v. a. weniger Tagesmüdigkeit) wurde Guanfacin zeitweise als Alternative zu Clonidin betrachtet. Denn wie bei Clonidin wurde neben einer Reduktion der Tic-Symptomatik auch die Besserung begleitender Aufmerksamkeitsprobleme beobachtet (Scahill et al. 2001). Analog dazu wurde Guanfacin inzwischen in Europa als Mittel der 2. Wahl zur Behandlung der ADHS zugelassen. Bei Kurzzeitbehandlung in niedriger Dosierung bei milder Tic-Ausprägung und eher geringen neuropsychologischen Beeinträchtigungen war Guanfacin im Elternurteil der Gabe von Placebo bei Kindern nicht überlegen (Cummings et al. 2002). Als problematisch stellen sich Hinweise dar, dass durch Guanfacin (bei Kindern mit bipolarer Störung in der eigenen bzw. Familienanamnese) manische Symptome induziert werden können (Horrigan und Barnhill 1999).
Die Behandlung von Kindern wie Erwachsenen sollte immer mit niedriger Dosierung beginnen und anschließend schrittweise gesteigert werden (Kuperman 2003). Obwohl die direkte, pharmakologische Wirkung bereits nach 3–5 Stunden eintritt, zeigt sich die volle Reduktion der Tic-Symptomatik erst nach 10–12 Wochen (Leckman 2002). Obwohl Guanfacin länger als Clonidin wirkt, wird es in ähnlicher Weise verabreicht. Auftretende Nebenwirkungen beider Medikamente werden in Studien als in der Regel mild und nur vorübergehend beschrieben. Im klinischen Alltag zeigte sich allerdings ein weniger günstiges Bild. Neben der Müdigkeit (eher bei Clonidin) können leichte Schwindel- und Benommenheitsgefühle, Mundtrockenheit, Reizbarkeit, Kopfschmerzen, orthostatische Dysregulation und selten Verstopfung auftreten. Durch Dosisreduktion kann häufig Linderung erreicht werden. Allgemein sollte die Entscheidung über eine Beendigung der Medikation sowohl von Clonidin als auch Guanfacin aufgrund fehlender Wirksamkeit frühestens nach 3 Monaten kontinuierlicher Einnahme erfolgen.
Eine Meta-Analyse zur medikamentösen Behandlung von Tic-Störungen inklusive noradrenerger Substanzen fasst die Evidenz gut zusammen, widerlegt dabei die bis heute propagierte „direkte“ Wirkung der noradrenergen Substanzen auf die Tic-Symptomatik und zeigt einmal mehr, dass wohl die medikamentöse Behandlung einer ADHS-Symptomatik zur Reduktion der Tics führt (Bloch 2016).

Weitere medikamentöse Alternativen

Aufgrund ihrer noch immer unzureichenden Evidenz und geringen Bedeutung (fast alle Tic-Störungen lassen sich mit den verfügbaren, oben genannten Dopamin-modulierenden Substanzen gut behandeln) in der Behandlung von Tic-Störungen bei Kindern und Jugendlichen werden medikamentöse Alternativen (z. B. Tetrahydrocannabinol, Nikotinpflaster) nicht empfohlen.

Alternative Therapieansätze

Akkupunktur

Für Akkupunktur wurde eine klinische Besserung der Tics in über 90 % der Fälle berichtet bei teilweise gleichzeitig zu beobachtender Abnahme vorher bestehender EEG-Auffälligkeiten (Wu et al. 1996). Allerdings sind die Befunde dieser bisher einzigen Studie zu diesem Thema unter anderem aus methodischen Gründen mit großer Zurückhaltung zu werten.

Diät-Behandlung

Obwohl von Betroffenen und Eltern immer wieder berichtet (Muller-Vahl et al. 2008) und von einzelnen Autoren in die Diskussion gebracht, wurde der Zusammenhang zwischen Ernährungsfaktoren und Tic-Symptomatik selten systematisch untersucht (Wurtman 1992). Während eine der wenigen Studien beruhend auf Antworten der Eltern keinen Einfluss verschiedener abgefragter Nahrungsmittel fand (Silva et al. 1995), berichteten die Befragten einer neueren Studie über eine Verschlechterung der Tics unter Koffeinkonsum (Muller-Vahl et al. 2008). Für die Wirksamkeit von Diäten sowie den Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln (Mantel et al. 2004) wie Magnesium (Grimaldi 2002) fehlt allerdings bis heute ein Wirkungsnachweis.

Mototherapie, Psychomotorik, Ergotherapie

Zur Wirksamkeit mototherapeutischer/psychomotorischer Verfahren oder der Ergotherapie bei Tic-Störungen liegen bislang keinerlei Studien vor. Vermutlich besteht das Hauptproblem bei diesen Ansätzen in der Generalisierung von Effekten auf die natürlichen Lebensbereiche des Kindes. Möglicherweise sind diese Intervention zur Verminderung von komorbiden Auffälligkeiten in der Wahrnehmungsfähigkeit oder der Körperkoordination hilfreich. In Einzelfällen wird auch durch Betroffene bzw. Eltern von Effekten auf die Tic-Symptomatik berichtet. Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand können diese Interventionen allenfalls als ergänzende Maßnahmen empfohlen werden.

Neurofeedback

Nachdem sich Neurofeedback-Training bei ADHS bereits bewährt hat (z. B. Heinrich et al. 2007) und manche dieser Kinder auch einen positiven Effekt auf begleitende Tics berichteten, wird derzeit eine offene Neurofeedback-Studie bei Kindern mit Tic-Störungen in Göttingen durchgeführt. Die vorläufigen Ergebnisse sind zwar ermutigend, bedürfen aber noch weiterer kontrollierter Studien.

Neurochirurgie und Tiefenhirnstimulation

Bei Patienten mit zunehmender Verschlechterung der Symptomatik bis hin zu massivsten Einschränkungen (z. B. kein koordiniertes Laufen mehr möglich) bzw. Selbstverletzungen (z. B. Kopf gegen die Wand schlagen, Augen verletzen) bei Versagen anderer Therapiemethoden, erschien lange Zeit ein neurochirurgischer Behandlungsversuch mit stereotaktischer Läsionierung gerechtfertigt, auch wenn dieser mit gewissen Risiken verbunden ist (Temel und Visser-Vandewalle 2004; Martinez-Ramirez et al. 2018). Mittlerweile kann von sehr schwerem Tourette-Syndrom (oft in Kombination mit starken Zwängen) betroffenen Erwachsenen durch die Hochfrequenz-Tiefenhirnstimulation zu einer Verbesserung der Tics und Zwänge und damit der Lebensqualität verholfen werden. Dieses Verfahren sollte daher bei der genannten kleinen und gut ausgewählten Patientengruppe als letztes Mittel in die therapeutischen Überlegungen einbezogen werden (Ackermans et al. 2008; Müller-Vahl et al. 2011).
Neben diesem inzwischen etablierten Verfahren, befinden sich die transkranielle Magnetstimulation (TMS) und Gleichstromstimulation (tDCS) des Gehirns bei Tic-Störungen immer noch in der wissenschaftlichen Erprobungsphase, d. h. es gibt zwar Hinweise auf eine Wirksamkeit, diese wurden aber noch nicht hinreichend an verschiedenen, größeren Gruppen von Betroffenen nachgewiesen (Grados et al. 2018; Dyke et al. 2019).

Fazit

Tic-Störungen können einen erheblichen Leidensdruck bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen sowie ihren Familien auslösen. Sie können enorme Einschränkungen des psychosozialen Funktionsniveaus der Betroffenen verursachen. Je chronifizierter Tic-Störungen sind und je stärker ihre Ausprägung ist, umso schwerer sind sie zu behandeln. In der Therapie haben sich vor allem kognitiv-verhaltenstherapeutische Interventionen mit Gewohnheitsumkehr (Reaktionsumkehr) als zentraler Behandlungskomponente und Pharmakotherapie (hauptsächlich mit atypischen Neuroleptika) als wirkungsvollste Behandlungsmaßnahmen erwiesen. Aufgrund noch mangelhafter Verfügbarkeit von Verhaltenstherapie und für Fälle mit stark ausgeprägter Symptomatik ist nicht selten eine medikamentöse Behandlung erforderlich. Diese scheint aber im Gegensatz zur Verhaltenstherapie keine längerfristige Veränderung, sondern nur eine Reduktion der Tics während der Einnahme zu bewirken. Die Methode der Reaktionsumkehr erfordert vom Patienten allerdings genau das, was ihm Schwierigkeiten bereitet: nämlich ein hohes Maß an Selbstkontrolle. Die klinische Erfahrung zeigt, dass die Effekte dieses Therapieprogramms entscheidend von der Therapiemotivation des Patienten bestimmt werden, dass bei etwa der Hälfte der Patienten mit einer mangelnden Compliance zu rechnen ist und dass die Therapieeffekte deshalb begrenzt sind. Allerdings machen fast alle Patienten im Verlauf der Behandlung die Erfahrung, dass sie stärker als bisher von ihnen vermutet die Tic-Symptomatik beeinflussen können. Diese aktive Bewältigungserfahrung kann bei jenen Patienten, die trotz intensiver medikamentöser und verhaltenstherapeutischer Interventionen weiterhin mit der Problematik behaftet sind, ein wichtiger Baustein in der Krankheitsbewältigung, dem Leben mit der Krankheit sein.
Fußnoten
1
Dieses Kapitel wurde aus der vorherigen Auflage des Lehrbuches in Erinnerung an unsere geschätzte Kollegin Frau Professor Andrea Ludolph übernommen, die dieses Kapitel geschrieben hatte und leider viel zu früh verstarb.
 
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