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Experte Knop: Nur eine Currywurst im Monat? Experte beurteilt geplante Fleischreduzierung für Bürger
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Currywurst
Carstensen / Kalaene/dpa Weniger Fleisch essen? Was Ernährungsforscher Uwe Knop dazu sagt
  • FOCUS-online-Experte
Dienstag, 06.06.2023, 08:41

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE plant eine radikale Änderung der Ernährungsrichtlinien - mit weitreichenden Folgen für Fleischliebhaber. Uwe Knop, Experte für Ernährungsfragen, nimmt Stellung zu diesen Entwicklungen.

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Wie sieht der Plan der Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE im Detail aus?        

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) plant eine Aktualisierung ihrer Ernährungsempfehlungen – und im derzeitigen Entwurf soll den Bürgern ein deutlicher Fleischverzicht empfohlen werden. Konkret sind 10g/Tag/Kopf im Gespräch, das wären 300g/Monat; also täglich eine ordentliche Scheibe Wurst oder „kumuliert“ ein großes Rumpsteak einmal im Monat – und dann wären die restlichen 29 Tage im Monat fleischfrei. Aber so ganz genau kennt man die „finale Menge“ nicht, da es sich derzeit noch um durchgestochene „Insiderinfos“ handelt. Allerdings ist schon jetzt klar, dass nicht mehr wie sonst die „Gesundheit“ im Fokus der Empfehlungsgrundlage steht - wahrscheinlich, weil inzwischen jeder ideologiefreie Wissenschaftler weiß, dass dafür keine Evidenz vorliegt, also es fehlen wissenschaftliche Beweise, dass Fleischkonsum krank macht. Sondern nun werden seitens der DGE Umweltfaktoren und Klimaschädlichkeit als Gründe der Konsumreduktion im wahren Sinne vorgeschoben.

Wie realistisch ist es, dass die Menschen ihre Ernährungsgewohnheiten so stark ändern?

Sehr unrealistisch. Erstens läuft niemand mit einer Waage zum Dönerladen, zur Imbissbude oder zum Edeljapaner und wiegt den Fleischanteil seines Essens. In den Kantinen und Restaurants wird sicher auch nichts gewogen – und zu Hause erst recht nicht. Darüber hinaus lassen sich die Menschen extrem ungern bevormunden und vorschreiben, was sie essen sollen und was nicht – das ist ein hochsensibler Bereich der Privatsphäre, wo es um den intuitiven, evolutionsbiologischen Genuss zur Lebenserhaltung geht. Oft greift auch die „Reaktanz“ – d.h. die Menschen machen gerade dann genau das, wovor sie gewarnt werden, es „besser nicht zu machen“: einfach weil sie es können. dürfen und wollen. Des Weiteren weiß jeder, der sich ein wenig mit den massiven Schwächen und Limitierungen der Ernährungswissenschaft auskennt, dass alle Mengenangaben zum Verzehr von Lebensmitteln frei erfundene gemittelte Wunschwerte sind, die jeglicher wissenschaftlichen Grundlage entbehren.

Was sind die gesundheitlichen Auswirkungen einer drastischen Reduzierung des Fleischkonsums? 

Das kann niemand sagen. Denn dafür fehlt die Kausalevidenz, d.h. es gibt keine Beweise, die zeigen, dass Fleisch oder Wurst bei irgendwem Krebs, Herzinfarkt, Diabetes oder gar eine frühen Tod ausgelöst oder verursacht hätte – und umgekehrt uns eine Reduktion gesünder machen würde Auch, dass man von Fleisch dick und durch Verzicht dünner wird ist nicht mehr als eine Hypothese ohne valides Datenfundament. Das liegt ganz einfach daran, dass die Ernährungswissenschaften auf einer extrem schwachen Grundlage basieren: Es gibt fast nur superlasche Korrelationen, also ganz banale, wachsweiche statistische Zusammenhänge, aber keine harten belastbaren Ursache-Wirkungs-Belege (Kausalität). Diesen Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität „vergisst“ unser Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der es als Havard-Epidemiologe (!) eigentlich besser wissen muss, auch gerne immer wieder (siehe hier, da geht es um die Wurst).

Wie kann man eine ausgewogene Ernährung sicherstellen, wenn der Fleischkonsum stark reduziert wird? 

Das ist relativ einfach – denn zur gesunden Ernährung braucht hierzulande niemand wirklich Fleisch (auch wenn es ein ernährungsphysiologisch sehr hochwertiges Lebensmittel ist). Auch alle Vegetarier, die Milchprodukte, Käse und Eier essen, sind bestens nährstoffversorgt, wenn sie auf ihren Körper hören und dementsprechend abwechslungsreich essen – und das gilt für Pescetarier, also Menschen, die kein Fleisch, aber Fisch essen, sowieso. Grundsätzlich sollte jeder auf seinen Körper hören und individuell-intuitiv essen, also mit echtem Hunger das genießen, was einem persönlich schmeckt und was man richtig gut verträgt (verdauen kann). Grundsätzlich gilt: Es gibt so viele gesunde Ernährungen, wie es Menschen gibt, denn: Jeder Mensch is(s)t anders. Daher lautet das Credo: Ausprobieren und den einzig richtigen, passenden Weg für sich ganz persönlich finden.

Wie wirkt sich eine Reduzierung des Fleischkonsums auf die Umwelt aus? 

Über diese Frage streiten sich selbst Klimatologen, Agrarwissenschaftler und Experten für biologische Landwirtschaft schon sehr lange. Beispielsweise wird in vorgenannten Expertenkreisen auch angezweifelt, dass die vielen, weltweit ausschließlich für Weideland nutzbaren Flächen für die menschliche Ernährung anderweitig eingesetzt werden können. Kurzum: Es ist noch unklar – vor allem im globalen Kontext, wenn man über den kleinen deutschen Tellerrand hinausschaut. Generell wird hier sehr viel mit Emotionen und hypothetischen Szenarien agiert, die vielen Menschen ein schlechtes Gewissen und Zukunftsangst machen.  Viel wichtiger und relevanter für das Verhalten des Einzelnen ist meines Erachtens eine ganz andere Frage als der potenzielle und noch unklare Klimaschutz.

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Welche Frage ist denn essenziell beim Thema „Fleischkonsum“?

Jeder sollte grundsätzlich stets sehr selbstreflektiert einkaufen und essen. D.h. nachdenken und sich fragen „Wo kommt das Lebensmittel her, wie wird es hergestellt“ und bei Fleisch und Wurst insbesondere: „Wie haben die Tiere wo gelebt, welche Art der Tierhaltung will ich unterstützen?“ Auf der einen Seite gibt es regional-ökologische (Bio-)Landwirtschaft mit artgerechter Haltung, auf der anderen Seite stehen noch immer die Riesenbunkerställe industriell-orchestrierter Massentierhaltung. Das passt irgendwie nicht mehr zusammen. Nur weil die Wurst der „roten Haltungskategorie 1“ vielleicht ein lustiges Schweinchen und nen idyllischen Bauernhof auf der Packung abbildet, hat das nichts mit der Realität zu tun. Die Wurst da drin war mal ein Tier, das gelebt hat – und zwar oft weder lang noch angenehm. Man sollte wirklich aktiv nachdenken und reflektieren: Was kaufe ich hier eigentlich und bin ich mit der Herkunft, Aufzucht und Herstellung wirklich zufrieden? Welche Art der Lebensmittelproduktion möchte ich mit meinem Geld unterstützen? Kaufen Sie nach Ihrem eigenen besten Wissen – und Gewissen.

  

Über den Experten Uwe Knop

Uwe Knop
privat Uwe Knop

Uwe Knop, Jahrgang 1972, ist Diplom-Ernährungswissenschaftler, Buchautor, und Referent für Vorträge bei Fachverbänden, Unternehmen und auf Ärztefortbildungen. Sein Buch " Erfolgreich abnehmen und schlank bleiben" ist im Springer-Verlag erschienen.

Vertiefende Fragen & Antworten zum Thema:

Ja, Laborfleisch kann durchaus eine Revolution für unsere Ernährung sein. Es bietet eine Alternative zum konventionellen Fleisch, die ethische Bedenken bezüglich der Tierhaltung und -schlachtung umgeht. Laborfleisch ist ernährungsphysiologisch betrachtet ein hochwertiges Lebensmittel, wenn es mit echtem Fleisch in allen sensorischen und ernährungsphysiologischen Faktoren vergleichbar ist. Es könnte daher dazu führen, dass der Konsum von Fleisch zugunsten von Laborfleisch steigt, insbesondere bei Menschen, die aus ethischen Gründen den Fleischkonsum reduzieren wollen, aber dennoch gerne Fleisch essen.

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Uwe Knop

Evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler, Publizist, Referent und Buchautor

Ganz klar steht hier die ethische Frage im Fokus: „Es muss kein Tier gezüchtet, gehalten und getötet werden, damit ich Fleisch essen kann.“ Dieser Kernaspekt dominiert alles andere. Hinzu werden wahrscheinlich Umwelt-Themen kommen, aber dafür ist es noch zu früh, denn bis dato weiß niemand in welchem Maßstab und welchen Bereichen die Massenproduktion von Zellfleisch Klima und Umwelt mehr oder weniger schädigt als konventionelle Viehzucht.

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Uwe Knop

Evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler, Publizist, Referent und Buchautor

Wenn es eine Zulassung erhält (es gibt ja in der EU bislang noch nichts zu kaufen), dann wird es sicher sein. Denn bevor ein neues Lebensmittel in Europa verkauft werden darf, muss es einen Zulassungsprozess durchlaufen und durch die zuständigen Behörden als sicher zertifiziert werden. Das wird durch die Novel-Food-Verordnung geregelt, in der die Sicherheit von Zellfleisch gründlich geprüft wird. Liegt die Zulassung vor, gilt das neue Lebensmittel als sicher. Und darauf kann man sich grundsätzlich verlassen.

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Uwe Knop

Evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler, Publizist, Referent und Buchautor

Da es bislang nur in Testlaboren respektive in kleinen Mengen hergestellt wird, lässt sich diese Frage noch nicht klar beantworten. Erst wenn Zellfleisch zu einem Alltagsprodukt im Supermarkt wird, können die entsprechend relevanten Klima- und Umweltbilanzen erstellt werden. Meine persönliche Vermutung ist: Es wird in puncto Umweltbelastung besser als konventionelles Fleisch abschneiden.

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Uwe Knop

Evidenzfokussierter Ernährungswissenschaftler, Publizist, Referent und Buchautor

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