Banken:Es riecht nach Finanzkrise

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Hauptsitz der Credit Suisse in Zürich. Die Zentralbank stützt sie nun mit bis zu 50 Milliarden Franken. (Foto: Arnd Wiegmann/Getty Images)

Die Schweizer Notenbank rettet die Credit Suisse, Bundesfinanzminister Lindner betont die Stabilität der deutschen Banken. Die Lage an den Finanzmärkten ist hochnervös.

Von Harald Freiberger und Claus Hulverscheidt, Berlin/München

Die Lage an den Finanzmärkten war am Donnerstag hochnervös. Nur durch das Eingreifen der Schweizer Nationalbank am Mittwochabend konnte verhindert werden, dass sich die Bankenkrise zu einer schweren Finanzkrise ausweitet. Die Zentralbank stellt der in Bedrängnis geratenen Schweizer Großbank Credit Suisse einen Kredit von 50 Milliarden Franken (50,7 Milliarden Euro) zur Verfügung. Daraufhin beruhigten sich am Donnerstag die Börsen, die am Tag davor eingebrochen waren.

Auch die Politik bemühte sich, Investoren und Bevölkerung zu beruhigen. Bundesfinanzminister Christian Lindner hob am Mittwochabend in der ARD-Sendung "Maischberger" die Stabilität der deutschen Banken hervor. "Wir haben mit der Bafin eine leistungsfähige Finanzaufsicht, und wir haben die Bundesbank, die ebenfalls eine stabilitätspolitische Tradition hat", sagte er. "Wir können deshalb sehr klar sagen: das deutsche Kreditwesen ist stabil." Bundeskanzler Olaf Scholz sagte: "Wir haben einen erheblichen Fortschritt zu der Situation der damaligen Finanzkrise 2008, 2009."

Wenn sich führende Politiker zu solchen Sätzen genötigt sehen, zeigt dies den Ernst der Lage. Die Bankenkrise wurde durch die Pleite der US-amerikanischen Silicon Valley Bank am vergangenen Donnerstag ausgelöst. Am Mittwoch drohte die Credit Suisse davon mitgerissen zu werden. Der saudi-arabische Großaktionär hatte geäußert, er könne aus aufsichtsrechtlichen Gründen kein weiteres Geld zuschießen. Dies hatte an der Börse Chaos ausgelöst. Die Aktie von Credit Suisse verlor bis zu 30 Prozent und wurde mehrmals vom Handel ausgesetzt. Immer mehr Kunden zogen ihr Geld von dem Institut ab, was die Notlage noch beschleunigte.

Finanzmärkte
:Credit Suisse will bis zu 50 Milliarden Franken von Notenbank

Das in Schieflage geratene Schweizer Kreditinstitut teilt am frühen Donnerstagmorgen mit, das Geld würde für "entschlossene Maßnahmen zur präventiven Stärkung" der Liquidität eingesetzt.

Ein so großer Kursverfall einer so großen Bank ist hochgefährlich, weil die Finanzinstitute über Milliarden eng miteinander verflochten sind. Ist das Vertrauen zu einer Bank weg, kann dies schnell auf das gesamte Finanzsystem übergreifen. Die Zusicherung der Schweizer Nationalbank war offensichtlich notwendig, um eine Ausweitung der Bankenkrise zu verhindern. Die Börsen reagierten am Donnerstag erleichtert. Der Deutsche Aktienindex (Dax) stand am Abend mit 1,6 Prozent im Plus. Die Aktie von Credit Suisse stieg um 33 Prozent, als sie wieder in den Handel eingesetzt wurde.

EZB erhöht Leitzins wie erwartet

Am Nachmittag erhöhte die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins wie von den meisten Ökonomen erwartet um 0,50 Punkte auf 3,50 Prozent. Nach den Turbulenzen um die Credit Suisse hatte es jedoch auch Stimmen gegeben, die eine Anhebung um nur 0,25 Punkte forderten, um die Finanzmärkte zu beruhigen. Das zeigt das Dilemma der Zentralbanken auf: Die starken Zinserhöhungen waren nötig, um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen. Doch sie führten zu extremen Kursverlusten bei Anleihen, die im Kern die Ursache für die Pleite der Silicon Valley Bank waren. Mit einer Senkung der Leitzinsen könnten die Zentralbanken zwar die Finanzmärkte beruhigen, doch sie würden damit gleichzeitig im Kampf gegen die Inflation nachlassen. Der Bankensektor des Euroraums sei "widerstandsfähig", sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde.

Trotzdem bleibt die Lage angespannt. "Wir haben jetzt eine Situation, in der das Vertrauen in Kreditinstitute erschüttert ist", sagte Clemens Fuest, der Chef des Münchner Ifo-Instituts. Viele Anleger bei Banken fragten sich, ob sie überhaupt ihr Geld zurückbekommen. Das berge die Gefahr eines Bank-Runs, also dass die Einleger ihre Geldhäuser stürmen und ihr Geld massenhaft abziehen.

Führende Finanzpolitiker reagierten mit demonstrativer Gelassenheit auf die Turbulenzen. Die finanzpolitischen Sprecher von SPD, Grünen und Union, Michael Schrodi, Katharina Beck und Antje Tillmann, äußerten sich gegenüber der SZ ähnlich wie Finanzminister Lindner. Beck erklärte, es bestehe gegenwärtig kein Grund zur Panik. "Trotzdem sehen wir mit Sorge, dass zur Stabilisierung wieder staatliche Sondermaßnahmen nötig sind und Liquiditätsrisiken der Banken durch den Staat abgesichert werden müssen", sagte die Grünen-Politikerin. "Dies sollte uns als Weckruf gelten, in Sachen Finanzstabilität und Krisenvorsorge nicht nachzulassen."

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