Donnersbergkreis Die Angst ist geblieben

Nur knapp hat eine junge Frau den Überfall im Juni vergangenen Jahres auf ein Spielcasino in Kirchheimbolanden überlebt. Beim zweiten Verhandlungstag traf sie gestern vor dem Landgericht Kaiserslautern auf den Mann, der sie dabei schwer misshandelt hatte. Der Angeklagte muss sich jetzt unter anderem wegen versuchten Mordes verantworten. Rund 25 Zuschauer hörten zu.

Sichtlich angespannt sitzt die heute 19-Jährige beim zweiten Verhandlungstag neben ihrer Anwältin. Als sich die Tür rechts in der Ecke öffnet und der Angeklagte hereinkommt, scheut sie den Blickkontakt nicht. Schwäche zeigt in diesem Moment nur er. Verlegen blickt er zu der jungen Frau, versucht ihr etwas zu sagen. Doch die Anwältin der Nebenklage geht sofort dazwischen und verbietet ihm den Kontakt zu ihrer Mandantin. „Es war so ein schöner Morgen, die Sonne war draußen, ich habe mich richtig gefreut“, schildert die junge Kirchheimbolanderin diesen Vormittag am 6. Juni 2014. Sie sei wie gewöhnlich um sieben Uhr an der Spielothek angekommen. Der Mann stand bereits vor dem Casino. „Ich habe ihn noch gegrüßt, gefragt wie es ihm geht“, erzählt sie. Normalerweise komme erst gegen 7.30 Uhr die erste Kundschaft. Den 54-Jährigen kannte die Casinomitarbeiterin bereits. „Er hat meist Beträge bis 20 Euro bei mir gewechselt und dann gespielt“, gibt sie an. Was ihr damals an ihm auffiel? „Er hat manchmal mit den Automaten geredet.“ An diesem Morgen des 6. Juni wollte der Angeklagte nicht zocken. Als die Frau die Eingangstür aufschloss, folgt er ihr und sagte: „Es tut mir leid, das ist ein Überfall“. Sie habe alles getan, was der 54-Jährige, der ihr eine Waffe an den Hinterkopf gehalten habe, von ihr verlangte. Dennoch habe er sie attackiert. „Ich habe gespürt, dass er mich mit etwas geritzt hat. Ich habe sehr stark geblutet.“ Sie habe dann nach eigenen Angaben das Klebeband an ihren Hände lockern können. Der Täter habe von ihr abgelassen. „Ich bin durch das Fenster geklettert, um Hilfe zu holen“, sagt sie. Schwer verletzt konnte die junge Frau den Notarzt alarmieren. Von den Verletzungen behält sie zahlreiche Narben an ihrem Hals zurück. Als sie die Ereignisse schildert, wirkt die junge Frau gefasst. Doch das Erlebte hat Spuren hinterlassen. Aufgrund von Angstzuständen habe sie ihre Ausbildung abbrechen müssen. Weitere Versuche im Verkauf zu arbeiten, scheiterten. „Ich hatte immer große Angst, wenn ein Mann kam“, erzählt sie. Seit Dezember ist sie ohne Beschäftigung. Nach dem Prozess wird sie wieder in stationäre Therapie gehen. Der 54-Jährige wollte unmittelbar nach der Tat das erbeutete Geld zur Begleichung von Stromschulden nutzen, sagt gestern der ermittelnde Polizeibeamte. Der Angeklagte gesteht, seinen Überfall auf die Spielothek geplant zu haben. Die Absicht, die Frau umzubringen, die ihn erkannte, habe er aber nicht gehabt. „Ich habe ihr ja noch das Klebeband gelockert, damit sie Hilfe holen konnte. Als ich geflüchtet bin, habe ich gesehen, dass sie aufgestanden ist, ich dachte, das war doch nicht so schlimm“ . Nach der Tat sei er per Taxi nach Bad Kreuznach gefahren und habe dort einen Kaffee getrunken. Abends zurück im Gebiet um Kirchheimbolanden sei er in den Wald geflohen. „Ich wollte mir die Pulsadern aufschneiden“. Aber der angebliche Selbstmordversuch schlug fehl. Vier Tage habe er in einem Gestrüpp in der Nähe des Schillerhains gelegen. „Dann bin ich in die Stadt und habe im Schaukasten der RHEINPFALZ nachgeschaut, ob man mich sucht, später habe ich bei einer Gaststätte auf dem Schillerhain eine Pizza geholt.“ Einmal habe er sich stellen wollen, doch als Polizisten ihn sahen, sei er geflüchtet. Nach zwei weiteren Tagen sei er erneut in die Gaststätte gegangen. „Dort habe ich gesagt, sie sollen die Polizei rufen, ich konnte nicht mehr.“ Am Donnerstag, 22. Januar, wird der Prozess fortgesetzt. Zwei weitere Verhandlungstage sind geplant.

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