München: Mutter ersticht ihr zwei Monate altes Baby

Die Frau war in psychiatrischer Behandlung und tötete ihm Wahn. Sie habe geglaubt: „Im Paradies wird es meiner Tochter besser gehen als bei mir.“
| Torsten Huber
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen
Luc-Simon S. (25), der Vater des getöteten Babys, sitzt im Münchner Gerichtsaal im Zeugenstand.
th Luc-Simon S. (25), der Vater des getöteten Babys, sitzt im Münchner Gerichtsaal im Zeugenstand.

Die Frau war in psychiatrischer Behandlung und tötete ihm Wahn. Sie habe geglaubt: „Im Paradies wird es meiner Tochter besser gehen als bei mir.“

München - Hasret S. (24) hält sich die Hand vor das Gesicht. Sie vermeidet den Blickkontakt zu ihren Noch-Ehemann Luc-Simon S. (25), der im Landgerichtssaal im Zeugenstand sitzt und mit tränenerstickter Stimme erzählt, wie seine Frau das gemeinsame Baby umgebracht hat: „Als ich sie mit dem Messer in der Hand sah, dachte ich, sie hat sich etwas angetan. Dann sah ich das Baby: Überall Blut auf der Brust. Ich habe sie angeschrien. Dann habe ich den Notruf gewählt und mit der anderen Hand die blutenden Wunden zugehalten.“ Dann bricht er ab. Ein Weinkrampf schüttelt ihn. Auch seine Frau, die Angeklagte, weint bitterlich.

Im Wahn, sie könne ihre Tochter Selsebil (2 Monate) nicht richtig versorgen, hat Hasret S. ihr Kind am 1. Februar 2013 mit fünf wuchtigen Messerstichen getötet. Gleich der erste Stich durchdrang den Oberkörper. Jetzt steht die Mutter als Mörderin vor Gericht. 2006 lernt sich das Paar übers Internet kennen. Beide sind dem Islam beigetreten. Er wohnt in Hamburg, sie in Garmisch-Partenkirchen. Sie heiraten am 30. Dezember nach islamischem Recht.

Lesen Sie auch:

Im Mai 2007 zieht sie nach Hamburg, legt den Schleier ab und lebt als Punk an der Alster. Die Religion sei ihr nicht mehr so wichtig gewesen. 2010 kündigt er seine Stelle als kaufmännischer Angestellter, sie ziehen nach Garmisch: „Wir wohnten erst bei ihren Eltern“, sagt er. „Es gab oft Streit, weil ich erst keine Arbeit hatte.“ Als er schließlich eine Stelle findet und 1400 Euro monatlich verdient, mietet sich das junge Paar eine eigene Wohnung. Richter Martin Rieder will wissen, ob die kleine Selsebil ein Wunschkind gewesen sei. Luc-Simon S. sagt: „Wir haben es auf uns zukommen lassen. Die Zeit der Schwangerschaft war toll.

Eine gute Zeit. Die beste eigentlich.“ Im Laufe der Beziehung erfährt er, dass Hasret S. bereits einmal in der Psychiatrie gewesen ist. Sie soll sich mit dem Messer geritzt und an einem Borderline-Syndrom gelitten haben. Auf die Frage, ob er von den Problemen seiner Frau nichts gemerkt habe, antwortet der Zeuge: „Sie hat sich mir gegenüber nicht so geöffnet. Irgendwann hat sie mal gesagt, dass sie sich wünscht, dass das Kind sterben würde.

Nicht dass sie es umbringen wollte. Es sollte einfach nur sterben. Sie hatte das Gefühl, dass sie nicht richtig für das Kind da sei.“ Als eine gemeinsame Freundin ihn warnt, dass seine Ehefrau das Baby töten werde, suchen sie ärztliche HIlfe. Zwei Wochen ist Hasret S. stationär in einer psychiatrischen Einrichtung in Garmisch. Ihr Mann sagt: „Wir sind immer wieder zu den Ärzten gegangen und haben Gesprächstherapien gemacht.

Vier Tage vor der Tat hatten wir noch ein Gespräch bei einem Arzt. Ich hatte das Gefühl, dass wir jetzt die Kurve gekriegt haben.“ In der Nacht zum Tatmorgen ist Luc-Simon S. in der Arbeit: „Ich arbeitete in drei Schichten. Als ich nach Hause kam, schliefen beide noch. Ich konnte nach der Arbeit nicht gleich einschlafen. Als Hasret mit dem Baby aufstand, schickte sie mich ins Bett. Ich sollte schlafen, weil wir am Nachmittag unsere Tochter zu ihren Eltern bringen wollten.“ S. kann nicht einschlafen, steht aber nicht auf: „Dann hätte sie mich geschimpft, dass ich schlafen soll. Gegen 12 Uhr hörte ich zwei komische laute Schreie.

Sie kamen von meiner Frau. So hatte ich sie noch nie gehört. Ich bin sofort raus aus dem Bett.“ Der Vater kam zu spät. Hasret S. gesteht die Tat vor Gericht: „Ich hatte eine fauchende Stimme gehört: ,Selsebil muss weg, damit es dir wieder besser geht.’ Ich dachte, ich sorge nicht richtig für das Kind und machte mir Vorwürfe. Ich habe zu Gott gebetet – mit der Bitte, sie in sein Paradies aufzunehmen. Da wird es ihr besser gehen als bei mir. Sie wird mit anderen Kinder spielen.“ Der Prozess dauert an.

 

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.