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Liberale Finanzpläne FDP-Minister droht bei Aufweichung der Schuldenbremse mit Ampel-Aus

SPD und Grüne bringen eine Lockerung der Schuldenbremse ins Spiel. Mal wieder. Verkehrsminister Wissing warnt nun vor einem Koalitionsbruch. Doch auch die SPD-Spitze zürnt – über die neuen Einsparungsideen der FDP.
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP): »Dann hätte die Koalition sicherlich keine Zukunft«

Verkehrsminister Volker Wissing (FDP): »Dann hätte die Koalition sicherlich keine Zukunft«

Foto: Jens Kalaene / dpa

Die FDP steht vor ihrem Bundesparteitag – und stellt sich vorab möglichst breitbeinig auf. Ein neues Konzept zur »Wirtschaftswende« sieht schärfere Einschnitte bei den Sozialausgaben vor, auch die Schuldenbremse wird wieder diskutiert. In der Ampel droht neuer, alter Zoff zwischen den Liberalen auf der einen und Rot-Grün auf der anderen Seite. Entsprechend hat Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) für den Fall einer Aufweichung der Schuldenbremse bereits mit einem Ende der Ampelkoalition gedroht.

Im ARD-»Bericht aus Berlin« antwortete Wissing am Sonntagabend auf die Frage, ob SPD und Grüne mithilfe von Unionspolitikern eine Reform der Schuldenbremse auf den Weg bringen könnten: »Das schließt der Koalitionsvertrag aus.«

Der FDP-Politiker betonte, es gebe im Bund »keine wechselnden Mehrheiten. Sondern wir stimmen in diesen Fragen einheitlich ab.« Wenn der Koalitionsvertrag der »Ampel« mit einer Umgehung der FDP »aktiv und bewusst gebrochen werden würde, dann hätte die Koalition sicherlich keine Zukunft«.

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Der Drohung ging ein neuer Vorstoß von SPD und Grünen zur Lockerung der Schuldenbremse voraus. Unter anderem Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sprechen sich für eine Reform der Bremse aus, um mehr Spielraum beim Haushalt etwa für sicherheitspolitische Maßnahmen zu erhalten. Mittlerweile setzen sich auch einige Unions-Ministerpräsidenten für Änderungen bei der Schuldenbremse ein. Die FDP hat einer solchen Reform jedoch immer wieder eine Absage erteilt.

»Die SPD lässt nicht zu, dass unser Land mit dem Fingerspitzengefühl von Investmentbankern geführt wird«

Was die FDP hingegen finanzpolitisch plant, sind schärfere Regeln beim Bürgergeld und das Aus für die Rente mit 63. Das steht in einem Papier, das das FDP-Präsidium heute beschließen will, am kommenden Wochenende soll der Bundesparteitag der Liberalen in Berlin darüber entscheiden. Das zweiseitige Papier sieht unter anderem vor, dass Jobverweigerern künftig 30 Prozent ihrer Leistungen sofort gekürzt werden können. Bislang ist das nur stufenweise möglich. Zu den zwölf Punkten »zur Beschleunigung der Wirtschaftswende« zählen auch steuerliche Vorteile für das Leisten von Überstunden und ein Bürokratieabbau auf mehreren Ebenen, unter anderem auch im Bausektor.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert griff die FDP ob dieser Pläne im »Tagesspiegel« frontal an: »Die SPD lässt nicht zu, dass unser Land mit dem Fingerspitzengefühl von Investmentbankern geführt wird. Grundlage der Ampelkoalition ist und bleibt der Koalitionsvertrag.« SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nannte die Forderungen der FDP »ein Überbleibsel aus der Mottenkiste und nicht auf der Höhe der Zeit«. SPD-Chef Lars Klingbeil nannte es richtig, dass man etwas tun müsse, um die Wirtschaft anzukurbeln und Arbeitsplätze zu sichern. »Wenn die FDP aber glaubt, dass es der Wirtschaft besser geht, wenn es Handwerkern, Krankenschwestern oder Erzieherinnen schlechter geht, dann irrt sie gewaltig«, sagte er der »Bild«-Zeitung. Die Grünen wollten die Vorschläge der FDP zunächst nicht kommentieren.

Ob es, wie von der FDP behauptet, so viele Jobverweigernde beim Bürgergeld gibt, ist fraglich: Tatsächlich war die Zahl der Bürgergeldempfänger, denen Leistungen wegen der Ablehnung von Arbeitsangeboten gekürzt wurden, im vergangenen Jahr überschaubar. Laut Bundesagentur für Arbeit gab es von Februar bis Dezember 2023 insgesamt 15.774 Fälle – bei insgesamt rund 5,5 Millionen Bürgergeld-Beziehenden, von denen 3,9 Millionen als erwerbsfähig gelten. Für Januar 2023 liegt keine Differenzierung nach Gründen vor. Insgesamt zählten die Jobcenter im vergangenen Jahr mehr als 226.000 Fälle von Leistungskürzungen. Die meisten (84,5 Prozent) erfolgten demnach, weil die Betroffenen ohne Angabe eines wichtigen Grundes nicht zu Terminen erschienen waren.

mrc/dpa/AFP