22. LGT Alpin Halbmarathon Plus – Hoch hinaus im kleinen Fürstentum Liechtenstein (25,5 km)

Anfang Juni eines jeden Jahres startet die Laufsaison im Fürstentum Liechtenstein und mit dem LGT Alpin Marathon steht der erste Berglauf des Jahres auf dem Programm.

Mit gerade einmal 38.829 Einwohnern ist das Fürstentum der kleinste Staat im deutschen Sprachraum und das sechstkleinste Land der Welt. Liechtenstein misst an der längsten Stelle von Norden nach Süden gerade einmal knapp 25 Kilometer und an seiner breitesten Stelle, von Ost nach West, rund 13 Kilometer. Ergo kann man, wenn man den Marathon läuft, so ziemlich das ganze Land durchlaufen. Das ist einzigartig und macht diesen Lauf nicht nur deswegen besonders.

Mir reichte am letzten Wochenende allerdings die Halbmarathondistanz Plus über 25,5 Kilometer. Auf diesem Tripp muss man immerhin rund 1.200 Höhenmeter bewältigen, diese allerdings auf gerade einmal 15,5 Kilometer Wegstrecke. Dazu aber jetzt mehr.

Für meinen Wochenendaufenthalt hatte ich mir ein Hotel in Feldkirch/Österreich organisiert. Dies ist deutlich günstiger, als direkt in Liechtenstein abzusteigen. Freitagabend war ich da und nutze den frühen Abend, um noch eben nach Bendern zu fahren, gerade einmal 8 Kilometer, um meine Startunterlagen abzuholen.

Start und zentraler Veranstaltungsort war die LGT-Bank in Bendern, die für diesen Lauf als Hauptsponsor auftritt. Abends gab es noch einen Teller Spaghetti, bevor es früh ins Bett ging. Immerhin startete der Lauf bereits um 9 Uhr.

Das Starterfeld war in diesem Jahr mit rund 450 Teilnehmern noch recht überschaubar. Immerhin weist der Durchschnitt aller vorherigen 21 Läufe rund 770 Teilnehmer aus. Die Vor-Corona-Zeit, mit etwas über 1.000 Startern, hatte man also bei Weitem noch nicht wieder erreicht, obwohl der Lauf nun wirklich ein echtes Schmankerl ist und so ziemlich alles bietet, was das Läuferherz begehrt und an Streckenprofilen denkbar ist.

Strecke 1

Um Punkt 9 Uhr ging es mit liechtensteinischer Genauigkeit – diese entspricht umgerechnet der Schweizer Akkuratesse – auf die Strecke. Zunächst verließen wir das „Bankenviertel“ in Bendern auf der Schaaner Straße und liefen entlang dem Binnenkanal. Nach rund 700 Metern bogen wir nach rechts in einen Schotter-Sand-Wirtschaftsweg ab, der uns in Richtung Rheindamm führen sollte.

Das Lauffeld war auf diesem Wegstück noch sehr dicht beieinander. Das lag auch daran, dass es niemand wirklich eilig hatte. Zum einen war es schon recht warm und dann wussten wir ja, was noch auf uns zukommt und wollten unsere Kräfte sparen. Zudem war der Weg auch nicht gerade so breit, als das man hätte problemlos überholen können. Also wirbelten wir alle eine Menge Staub auf und liefen wie eine afrikanische Elefantenherde durch die Savanne und staubten uns ein.

Nach knapp 3,5 Kilometern folgte erneut ein Stich nach rechts und wir gelangten zum Binnendamm. Entlang des Binnendamms, der direkt hinter dem Rheindamm lag, ging es nun rund 2 Kilometer weiter, bevor wir zum letzten Mal nach rechts abbiegen mussten, um auf den eigentlichen Rheindamm zu gelangen. Hier befand sich auch die erste Verpflegungsstation, die ich direkt nutzte. Dann ging es bis Vaduz, der Hauptstadt des Fürstentums, auf dem Rheindamm weiter.

Dieser war asphaltiert und baumbefreit. Nicht gut. Bis zum Rheindamm konnten wir die vielen Bäume als Schattenspender nutzen – damit war es nun vorbei. Die Sonne knallte auf den Asphalt und gab ihr Bestes uns ordentlich aufzuwärmen. Einzig ein immer mal wieder aufflauendes Lüftchen sorgte für Kühlung.

Kurz vor Kilometer 9 erreichten wir das Rheinparkstadion, welches wir passierten, um kurz danach nach links abzubiegen und unseren Weg in die Stadt fortzuführen. Hier setzte nun wieder mein Stechen im Oberschenkel ein. Glücklicherweise kamen wir direkt an einem Brunnen vorbei und ich konnte mein Stirnband mit eiskaltem Wasser feucht machen und in die Hose auf den Oberschenkel stopfen. Der Gegenreiz sorgte unmittelbar für Ruhe und ich konnte problemlos weiterlaufen.

Höhenprofil

In Vaduz erreichten wir Kilometer 10 und das Läuferfeld reduzierte sich schlagartig, da hier der Benefizlauf endete. Wir wurden erneut versorgt und dann auf den wirklichen Alpin-Lauf entlassen. So schnell, wie wir Vaduz erreichten, verließen wir die Stadt auch wieder. Ein kurzer Lauf durch die Fußgängerzone „Städtle“, den Zielbogen des Benefizlaufes durchschritten und dann nach rechts in das Beckagässli abgebogen. Ab hier begannen nun die im Wesentlichen zu erlaufenden rund 1.200 Höhenmeter – dies auf einer Reststrecke von gerade einmal 15 Kilometern.

Zunächst ging es leicht ansteigend hinauf ins Mitteldorf. Um zu sehen, wie Vaduz einst aussah, kommt man hier hin. Die Straßen bilden ein charmantes Viertel mit traditionellen Häusern und Rosengärten. Besonders auffällig ist das spätmittelalterliche Rote Haus, eher einem Chateau gleichend, das über den Weinbergen des Fürsten von Liechtenstein thront. Die schöne Umgebung täuschte uns jedoch nicht darüber hinweg, dass wir mittlerweile eine Steigung von etwas über 10 % erreicht hatten. Laufen war somit nun nur noch temporär möglich.

Die Straße zum Schloss war gesperrt, warum sollten wir noch sehen, also ging es weiter über die Mareestraße bergan. Kurz bevor wir nach rechts in einen Waldwirtschaftsweg abbiegen sollten, erreichten wir die Mareewiesen. Die unter Naturschutz gestellten Wiesen sind ein kleines Trocken- und Magerwiesengebiet am Rande von Vaduz und letztes Überbleibsel einer früher einmal ausgeprägten Heidewiesenlandschaft. Klein aber fein.

Nun ging es wie beschrieben nach rechts, relativ eben, weiter über den Letziweg in Richtung Schloss Vaduz. Das Schloss, das eigentlich eine Burg ist, befindet sich in Privatbesitz der fürstlichen Familie und ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Leider war es diesmal komplett für eine das ganze Jahr dauernde Totalsanierung eingerüstet. Aber auch so, fand ich, wurde deutlich, um welch riesigen Gebäudekomplex es sich handelt.

Weiter ging es nun über die asphaltierte Bergstraße bis zu Kilometer 13. Hier bogen wir nach links in einen kleinen, steilen und schmalen Bergpfad ein, der uns in diversen Kehren von 648 Höhenmeter über einen Kilometer hinauf auf 800 Höhenmeter führen sollte. Hier erreichten wir wieder eine Straße und den Weiler Frommenhaus. In weiteren Serpentinen ging es nun weitere 1,5 Kilometer und knapp 200 Höhenmeter hinauf nach Rothenboden-Triesenberg. Hier, bei Kilometer 15,5, gab es erneut Versorgung und zum ersten Mal auch nasse Schwämme. Ich nahm einen Schwamm mit und kühlte meinen Oberschenkel damit, der sich aber nicht wieder gemeldet und sich scheinbar beruhigt hatte.

Da wir hier oben vollends der Sonne ausgesetzt waren, tankte ich ordentlich Wasser, Iso und Cola, um dann weiterzulaufen. Ich hatte schon für mich festgestellt, dass die Versorgung derart top organisiert war, dass es tatsächlich nicht nur alle 5 Kilometer Versorgungspunkte gab, sondern auch dazwischen immer wieder Wasserstellen aufgestellt waren.

Unser Weg führte uns immer weiter nach oben. Stellenweise hatten wir Steigungen von über 15 % zu bewältigen. Aber was wir von hier oben auch hatten – eine herrliche Aussicht ins Rheintal und auf das gesamte Fürstentum Liechtenstein, von Schaanwald im Norden bis Balzers im Süden.

Bei Kilometer 17,5 erreichten wir das kleine, aber feine Masescha, dass im Wesentlichen aus einem Gasthaus, einer kleinen Kapelle und vereinzelten Höfen bestand. Wieder gab es Verpflegung. Hier endete für uns, einen Kilometer weiter, bei Kilometer 18, auch die Straße und wir wechselten auf einen Bergpfad. Durch herrliche Wiesen ging es über den Philosophenweg weiter hinauf. Bei Kilometer 19 erreichten wir einen schottrigen Wirtschaftsweg, der uns nach Silum führte, was wir bei Kilometer 21 erreichten. Hier oben war die Welt sowas von in Ordnung. Herrlicher Wiesenduft, klingelnde Kuhglocken und frisches Wasser, direkt aus der Quelle. Auch ein paar Alphornbläser hatten sich hier oben postiert und begrüßten uns. So viel Zeit musste sein – kleines Video gedreht und weiter ging es.

Strecke 2

Kilometer 21 war erreicht und immer noch ging es leicht bergan. Laut meiner Karte musste es das doch nun mal gewesen sein. Ich merkte, wie bei mir die Batterie langsam auf standby umschwenkte. Viel Kraft, um noch weiter hinaufzukraxeln war bei keinem der Läufer mehr da. Und dann erreichten wir einen schon fast mystischen Ort.

Liefen wir bisher über breite Wiesenflächen, erreichten wir nun einen schmalen Grat auf 1.537 Meter Höhe, der den Einstieg zur Plattenspitze (1.702 m) markierte. Links von uns ging es fast senkrecht steil hinab. Unten im Tal, rund 3,5 Kilometer weiter, lag Steg. Ich sah schon den Zielbogen, hörte den Sprecher und die klatschenden Menschen. Aber es wäre ja nicht top organisiert, wenn es nicht auch hier oben noch Wasser gäbe. Also noch einmal ordentlich getankt und den Abstieg mit voller Konzentration begonnen.

Steg lag auf 1.322 Meter Höhe. Da waren einige Höhenmeter abzubauen und der Weg wirkte noch weit, obwohl es laut den Zahlen ja gar nicht mehr so weit zu sein schien. Über einen mit Wurzeln durchzogenen Serpentinenpfad verloren wir schnell an Höhe, musste jetzt aber noch einmal höllisch aufpassen, wo wir hintraten.  Ganz schlechte Kombination nach 23 Kilometern Wegstrecke. Aber es klappte dennoch. Bei Kilometer 24 hinterfragte ich mich, ob das denn wohl alles so passen konnte. Der Weg schien noch ein ganzes Stück zu dauern, obwohl der letzte Kilometer angebrochen war.

Unten im Tal, am Gänglsee bei Steg angekommen, stellte ich fest, dass bei Kilometer 25 scheinbar nicht Schluss war. Es lagen noch rund 600 Meter vor mir, verbunden mit einem neuerlichen kleinen Aufstieg – das letzte Aufbäumen der Strecke – um noch einmal die letzten Kräfte rauszuholen. Dann sah ich endlich das Ziel nach 25,5 Kilometern. Leicht abfallend führte mich der schöne Schotterweg entlang des Malbuner Baches ins Ziel.

Tempoanalyse

Nach 3:31:58 Stunden erreichte ich gut gelaunt und ziemlich glücklich, dass alles so reibungslos funktioniert hat, das Ziel. Mit meiner Zeit erreichte ich unter den 144 Finishern Gesamtplatz 108, in der Altersklassenwertung Platz 10 (12) und in der Wertung der Männer Platz 77 (97). Für einen Flachlandtiroler wie mich, ein überraschend ordentliches Ergebnis wie ich finde.

Das Ziel war traumhaft im kleinen Weiler Steg gelegen. Der Zielbogen befand sich direkt am Malbuner Bach, den ich nach dem Lauf erst einmal zur Regenration der Füße nutzte. Es gab eine „Medaille“ aus Holz, in den Umrissen des Fürstentums, ein hochwertiges Laufshirt und ein Jubiläumsbier – man feierte 100 Jahre Zollvertrag zwischen der Schweiz und Liechtenstein.

Nach meiner Pause und dem Genuss des frischen Gletscherwassers ging es dann mit dem Pendelbus von Steg nach Malbun, dem Ziel des Gesamtmarathons, und von dort mit einem komfortablen Reisebus zurück nach Bendern. An Bord des Busses konnte ich noch einem Läuferkollegen mit Magnesium aushelfen, da bei ihm heftige Krämpfe auftraten. Magnesium habe ich nach einem ähnlichen Erlebnis immer dabei.

Alles in allem ist der LGT Alpin Marathon hervorragend organisiert. Insbesondere die Verpflegungspunkte sind an den richtigen Stellen aufgestellt, ganz unabhängig davon, ob irgendein Intervall durchbrochen wird. Sie bieten alles, was man für einen guten Lauf benötigt.

Neben dem Marathon und dem Halbmarathon standen noch andere Läufe auf dem Programm. So konnte man auch eine Staffel über 25 + 17 Kilometer, einen Charity-Lauf über 10 Kilometer und einen 600-Meter-Kinderlauf absolvieren. Für jede Alters- und Leistungsklasse war somit gesorgt.

Informieren könnt Ihr Euch über diesen Lauf auf der Website oder der Facebookseite des Veranstalters, dem Pro LGT Alpin Marathon Verein. Recht gelungen finde ich das Video von Robert (Rob Deafrunner), der gehörlos Marathons läuft. Das Video zeigt anschaulich die gesamte Strecke des Marathons.

Viel Spaß beim Nachlaufen und allzeit gute Läufe!

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