Donnersbergkreis Für 770 Euro zum Mord bereit?

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Es waren wohl die schlimmsten 20 Minuten ihres Leben: Am 6. Juni dieses Jahres wurde eine 18-jährige Mitarbeiterin einer Spielothek in Kirchheimbolanden überfallen. Ein 54-Jähriger soll die junge Frau bei deren Dienstbeginn in der Spielhalle mit einem Schreckschussrevolver bedroht und später versucht haben, sie brutal zu ermorden, um die Tat zu vertuschen. Die junge Frau überlebte nur knapp. Gestern Morgen war vor dem Landgericht Kaiserslautern Prozessauftakt.

Als die Tür zum Gerichtssaal aufgeht, kommt zögernd ein hagerer Mann herein, flankiert von zwei Sicherheitsbeamten. Freundlich grüßt er seinen Pflichtverteidiger, den Staatsanwalt und die Vertreterin der Nebenklage. Nur eine Frau ist um 9 Uhr an diesem Freitagmorgen als Zuschauerin gekommen. Tatsächlich wird es an diesem ersten von voraussichtlich fünf Prozesstagen auch nicht lange dauern. Laut Staatsanwaltschaft war der Prozessauftakt gestern notwendig, um eine gesetzliche Frist einzuhalten. Zum Start steht nur die Verlesung der Anklageschrift sowie Angaben des Angeklagten zu seiner Person auf dem Programm. 54 Jahre alt ist der Mann, der im Frühsommer zwei Wochen lang Kirchheimbolanden und Umgebung in Atem hielt. Geld sei das Motiv für den Überfall an dem Morgen des 6. Juni gewesen, führt der Staatsanwalt aus. Insgesamt habe der Angeklagte aus der Spielothek 770 Euro geraubt. Die Beute wollte der 54-Jährige laut Anklageschrift für weitere Spielothekenbesuche verwenden. Als er die junge Angestellte um 7 Uhr morgens vor der Eingangstür der Spielhalle abgepasst habe, soll er gerufen haben: „Es tut mir leid, Überfall!“ Die junge Frau, so steht es in der Anklageschrift, habe nur gesagt: „Tu’ mir nichts, ich war doch immer lieb zu dir.“ Daran habe der Angeklagte gemerkt, dass sie ihn erkannt hatte. Was sich in den folgenden 20 Minuten abspielte, muss für die Spielotheken-Mitarbeiterin ein echtes Martyrium gewesen sein. Der 54-Jährige, der zum Zeitpunkt der Tat in Kirchheimbolanden wohnte, fesselte die junge Frau und klebte ihr den Mund zu. Dennoch schaffte sie es, weiter laut um Hilfe zu schreien. Daraufhin trat er sie, würgte sie und schlug mit dem Revolver auf ihren Kopf ein. Die junge Frau erlitt ein schweres Schädelhirntrauma und stand knapp vor einem Hirninfarkt, so steht es in der Anklageschrift. Weil sie sich dennoch weiter wehrte, habe der 54-Jährige ein Cuttermesser, das unter anderem zum Teppichschneiden benutzt wird, aus seinem Rucksack geholt. „Der Angeklagte hat der Frau mit dem Messer 30 Schnitte am Hals zugefügt“, so der Staatsanwalt. Das perfide Ziel aus Sicht der Anklage: Er wollte ihr anscheinend den Kopf abtrennen, um zu verhindern, dass sie ihn überführen würde. Als die Angestellte schließlich das Bewusstsein verlor, ließ er von ihr ab und flüchtete. Dass während des Überfalls in der Spielothek ein automatischer Alarm bei Polizei und Notarzt einging und die Rettungskräfte schnell reagierten, rettete der Frau offensichtlich das Leben. Sie wurde mit starken Blutverlust und massiven Kopfverletzungen per Rettungshubschrauber in die Klinik gebracht. Laut Informationen der RHEINPFALZ geht es der 18-Jährigen heute körperlich gut. Sie soll auch wieder einer Arbeit nachgehen. Wenn der Prozess am 9. Januar fortgesetzt wird, soll die junge Frau den Tathergang, der laut Anklageschrift knapp 20 Minuten lang dauerte, aus ihrer Sicht schildern. Zuvor ist aber an diesem zweiten Verhandlungstag erst ihr Peiniger, der weiter in Untersuchungshaft bleibt, an der Reihe. Er soll sich ebenfalls zur Tat äußern. Ihm droht wegen Mordversuchs und schwerem Raubüberfall eine lebenslange Freiheitsstrafe. Nach der Tat versteckte er sich noch 14 Tage lang und wurde dank des Hinweises eines Zeugen in einem Waldstück in Kirchheimbolanden gefasst. Während der Vernehmungen soll der 54-Jährige die Tat weitgehend eingeräumt haben. Gestern gab der Angeklagte aber noch keine Einlassung ab. Dies könnte er am 9. Januar nachholen. Die weiteren Prozesstermine sind der 22., 29. und 30. Januar. (rgb)

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