Der Internationale Gerichtshof hat eine Klage der Ukraine von 2017 gegen Russland wegen finanzieller Unterstützung der prorussischen Rebellen in der Ostukraine zum größten Teil abgewiesen. Das höchste Gericht der Vereinten Nationen wies in seinem Urteil am Mittwoch in Den Haag zugleich auch die Klage wegen vermeintlicher Diskriminierung von Ukrainern und Tataren auf der Krim weitgehend ab.  Die von der Ukraine erhobenen Vorwürfe seien in beiden Fällen nicht ausreichend belegt, erklärte der Gerichtshof.  Moskau muss nun auch keinen Schadenersatz bezahlen. Die Richter wiesen eine entsprechende Forderung der Ukraine ab.  

Die UN-Richter erklärten aber, dass Moskau gegen eine rechtlich bindende Anordnung von 2017 verstoßen habe. Damals hatte das Gericht beiden Parteien auferlegt, alles zu tun, um den Konflikt nicht zu verschlimmern. 2022 hatte Russland dann aber die Ukraine überfallen. 

Die Ukraine hatte Russland bereits 2017, also lange vor der russischen Invasion vor zwei Jahren, vor dem Gerichtshof verklagt und sich dabei auf die Konvention zum Verbot der Finanzierung von Terrorismus berufen. Nach Darstellung der Ukraine hatte die Aggression Russlands 2014 im Donbass und auf der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim begonnen, die Russland bis heute annektiert. 

Die Richter beurteilten jetzt nur die Ereignisse vor der Invasion von 2022 und erklärten, dass die von der Ukraine vorgelegten Beweise für einen angeblich von Moskau finanzierten Terrorismus im Donbass nicht ausreichten. Die Konvention, die der Klage zugrunde lag, beziehe sich auch nicht auf die Unterstützung mit Waffen. Moskau hat dem Urteil zufolge aber nicht genug getan, um einzelne Vorwürfe zu möglicher Finanzierung von Terrorismus zu untersuchen. 

Kein Schadenersatz für Abschuss von MH17

Die Richter wiesen auch die Forderung nach Schadenersatz für den Abschuss des Passagierfluges MH17 vor fast zehn Jahren ab.  Im Sommer 2014 war die Boeing der Malaysia Airlines über umkämpftem Gebiet der Ostukraine von Rebellen mit einer russischen Luftabwehrrakete abgeschossen worden. Alle 298 Menschen an Bord wurden getötet. Ein Strafgericht in Den Haag sah es als erweisen an, dass die Rakete aus Russland geliefert worden war. 

Urteile des Internationalen Gerichtshofes sind bindend. Das Gericht hat aber nicht die Mittel, diese durchzusetzen. Das jetzige Urteil ist eine Niederlage für die Ukraine, die sich Unterstützung für weitere Forderungen nach mehr Sanktionen gegen Russland erhofft hatte. Moskau hatte die Vorhaltungen strikt zurückgewiesen. 

Auch im zweiten Teil der Klage war die Ukraine nicht erfolgreich. Die UN-Richter sahen kaum eine Grundlage für den Vorwurf der ethnischen Diskriminierung von Ukrainern und Tataren auf der Krim.  

In dem nun seit fast zehn Jahren andauernden Konflikt läuft noch ein zweites Verfahren gegen Russland, ebenfalls nach einer Klage der Ukraine. Kiew beschuldigt Russland des Missbrauchs der Völkermord-Konvention. Moskau hatte seinen Überfall auf die Ukraine nämlich damit begründet, dass ein Völkermord gegen Russen verhindert werden müsse. In diesem Verfahren fällt am Freitag eine erste Vorentscheidung. Die UN-Richter entscheiden, ob sie befugt sind, über diese Klage zu urteilen. 32 westliche Verbündete der Ukraine, darunter auch Deutschland, unterstützen die Klage.  

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