„Syltisierung“ lässt den Boom verfliegen: Darum ist plötzlich Camping-Krise

BILD-Report über steigende Preise und Konkurrenz aus dem Ausland

Trauriger Anblick in der Hochsaison.Campingplatz Hooksiel an der Nordsee - die Lückenreichen bis ans Wasser

Trauriger Anblick in der Hochsaison. Der Campingplatz Hooksiel an der Nordsee - die Lücken reichen bis ans Wasser

Foto: emha
Von: Hans BEWERSDORFF

Wilhelmshaven - Sommer an der niedersächsischen Nordseeküste. Traumwetter, bis zu 30 Grad. BILD zu Besuch, wo es eigentlich brummen sollte!

Campingplatz Schillig, mit 1500 Plätzen einer der Giganten-Plätze an der Nordsee. Doch obwohl bereits sechs Bundesländer Sommerferien haben, darunter NRW, herrscht im Vergleich zu 2022 Leere.

Was ist da passiert?

Kurzzeit-Camper! Sarah und Neele sind erstaunt über die großen, freien Flächen in Schillig

Kurzzeit-Camper! Sarah und Neele sind erstaunt über die großen, freien Flächen in Schillig

Foto: emha

Sarah und Neele (beide 32) aus Wilhelmshaven machen Kurzurlaub. Sie rechnen vor: „Wir zahlen für ein kleines Auto und Zelt mit drei Kindern 150 Euro für 2 Nächte bzw. 3 Tage. Dafür kann man sich auch ein Appartment mieten.“

Preise um bis zu neun Prozent rauf

Tatsächlich sind die Preise für Camping seit dem letzten Jahr um bis zu 9 Prozent gestiegen, so der ADAC auf BILD-Anfrage. Hinzu komme, dass das Preisniveau an den Küsten insgesamt deutlich höher ist als im Innenland. Das dämpfe die Camping-Lust, besonders ältere Plätze mit geringerem Angebot bekämen dies zu spüren.

Dauer-Camperin Schillig: Thomas Moritz (64) und Ehefrau Marion (62) genießen die Flautein Schillig ...

Dauer-Camper in Schillig: Thomas Moritz (64) und Ehefrau Marion (62) genießen die Tagestouri-Flaute

Foto: emha

BILD hat diverse Campingplätze entlang der niedersächsischen Nordseeküste gecheckt.

Ergebnis: Es gibt reichlich freie Kapazitäten, anders als noch im letzten Jahr. So fallen auch in Hooksiel im Vergleich zu 2022 riesige Lücken ins Auge.

Volle Hütte. Campingplatz Schillig vor einem Jahr - bis auf ein paar kleine Lücken alle da . Fotos: EMHA

Volle Hütte. Campingplatz Schillig vor einem Jahr - bis auf ein paar kleine Lücken alles voll

Foto: Privat

Janine (41) und Michael (48) aus NRW sind mit kleinem Wohnmobil und Zelt für die beiden Kinder da. Die Familie zahlt für Wohnmobil und Zeit 180 Euro für 3 Nächte. „Ohne die Dauer-Camper wäre hier Totentanz. Naja, der FFK-Bereich nebenan ist offenbar wieder voll“, sagt Janine.

Ist der Boom vorbei?

Jein! „Die Leute fahren zum Campen wieder ins Ausland“, so ADAC-Sprecher Nils Linge. Klassische Camping-Ziele wie Frankreich, Italien, Österreich und Skandinavien liefen wieder.

Camping ist Krisen-Barometer

Der Reiseprofi: „Camping ist natürlich auch ein Barometer für die Krise. Die Inflation ist bei uns höher als anderswo. Darum fliegen viele wieder, auch wenn die Flugpreise angezogen haben. Die Türkei zum Beispiel lockt mit unschlagbarem Preis-Leistungs-Verhältnis.“

„In der Pandemie haben einige das große Geld geschnuppert“, sagt Camping-Legende Willi Rettlaf (72) in Schillig. „Aber die ,Syltisierung‘ kann auch schiefgehen.“

Gerade temporäre Camper schätzten die einmalige Flexibilität dieser Urlaubsform: „Einfach einpacken und weiterziehen.“ Wenn dann woanders ein besseres Angebot winkt, kommen viele nicht mehr wieder.

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